Umgang mit Unterschieden
Elvira und Edwin sind ein frisches Paar. Die beiden haben sich über das Internet kennen gelernt. Elvira hat an einem Frauenkurs bei mir teilgenommen. Jetzt kommt sie in die Sexualtherapie. „Es gibt Aspekte, die mir an Edwin gefallen, und andere, die ich anspruchsvoll finde. Ich weiss gerade nicht wie weiter und will das mit Dir angehen“, meint sie. Elvira erlebt Edwin als einen höflichen Menschen, der ihre Grenzen achtet. Sie haben gemeinsame Interessen, in manchen Lebensbereichen sind sie sehr unterschiedlich. Was körperliche Nähe angeht, beschreibt sie, dass Edwin sehr kalte Hände hat. Dadurch sind manche seiner Berührungen für sie unangenehm. Beim Geschlechtsverkehr erlebt sie ihn als einen einfühlsamen Menschen, der ihre Grenzen achtet. Im Moment bevor er kommt, spürt sie von ihm aus viel Druck und mechanische Reibung in ihr.“ Eigentlich ist das der schönste, innigste Moment für mich, den ich mit dem anderen geniessen möchte. Mit ihm ist mir das unangenehm, manchmal tut es mir weh. Wenn ich es ansprechen möchte, weicht er aus. Einen Mann in seiner Sexualität zu kritisieren, finde ich sehr heikel“, meint sie. Elvira lade ich ein, eine Paarbilanz zu machen. Sie benennt Qualitäten, die sie an Edwin schätzt und für sie unangenehme Aspekte. Sie möchte Edwin für ein genussvolleres, intimes Projekt gewinnen. Auf Körperebene arbeite ich mit ihr daran, wie sie sich hingibt und dabei ihr Becken bewusst einsetzt. Auf der Ebene der Kommunikation unterstütze ich Elvira darin, kritik- und angriffsfrei die Tabuzone der Sexualität mit ihm zu betreten. Ich ermutige sie achtsam ihre Empfindungen in einem Wir Begegnungsraum auszudrücken, anstatt schweigsam ungute Gefühle und Erlebnisse hinunterzuschlucken. Sie ist erleichtert. Sie will von Anfang an einen stimmigeren Umgang mit den Unterschieden finden, ohne ihre eigenen Grenzen zu übergehen. Sie lässt sich Zeit, sich als Paar in der Sexualität ohne Druck miteinander zu finden. Falls Edwin dazu bereit ist, will sie mit ihm zusammen kommen. „Lieber früher, bevor es zu spät ist, wenn wir alleine nicht weiter kommen“.