Der Umgang mit den eigenen Grenzen
Natascha kommt auf Empfehlung eines Kollegen. „ In meiner Geschichte habe ich viele Grenzüberschreitungen erlebt. Es fällt mir schwer Grenzen zu setzen. Mein Mann achtet meine Grenzen nicht. In unserer Sexualität will er neue Stellungen ausprobieren. Einerseits liebe ich meinen Mann und andererseits mache ich immer mehr zu. Ich weiss nicht mehr wie weiter, “sagt Natascha traurig. Ich exploriere mit ihr die aktuelle Situation und auf das Thema bezogene Aspekte ihrer Lebensgeschichte.
Nataschas Eltern leiteten einen Betrieb. Die Arbeit stand im Vordergrund. Ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche wurden kaum gesehen, anerkannt oder erfüllt. Sie erhielt Zuwendung, wenn sie sich zurücknahm und sich unauffällig und ruhig verhielt. Oft war sie alleine und auf sich selbst gestellt. Ein Nachbar hatte so ein leichtes Spiel grenzüberschreitende Berührungen von ihr abzuverlangen. “Ich habe nie mit meinen Eltern darüber gesprochen. Ich habe mich geschämt und habe gedacht mit mir ist etwas falsch, “ sagt sie betroffen.
In kleinen Schritten erobert Natascha ihr Spürbewusstsein, ihr Selbstvertrauen und ihren Selbstwert zurück. Sie versteht Zusammenhänge aus ihrer Lebensgeschichte und sie spürt, wie wichtig es ist ihre eigene Wahrnehmung anzuerkennen. Über gezielte kleine Körperübungen lernt sie sich wie neu in ihrem Geschlecht zurecht zu finden. Sie nimmt wahr, wie es sich anfühlt, wenn sie ihr Geschlecht spürt und wann sie sich wohl fühlt, welche Berührungen ihres Mannes sie als zu schnell oder als unangenehm erlebt. Sie lernt sich über ihren Körper auszudrücken, indem sie seine Hand führt oder sich wegdreht und zu einem späteren Zeitpunkt mit ihrem Mann darüber spricht. „Es ist interessant, dass auch mein Mann erleichtert ist, wenn ich ihm mitteile, was ich erlebe. Eine Zeitlang habe ich mich wie leblos im Bett verhalten. So langsam taue ich auf, “ sagt sie anerkennend mit sich selbst.