Erwachsen sein
Melanie hat den Weg zu mir über das Internet gefunden. Sie lebt in einer Beziehung. „Ich fühle mich leer und ausgebrannt, “ lässt sie mich wissen.“
„Ich habe keine Lust mehr auf Sexualität, die Enge der letzten(Corona)Monate steckt mir noch in den Gliedern.“
Ich exploriere die aktuelle Situation. Melanie hat die Gewohnheit entwickelt im Leben nach aussen hin stark und verantwortlich ihre Frau zu stehen. Ihre eigene Bedürftigkeit wertet sie als schwach und beschämend ab, innerlich indem sie ihre Bedürfnisse ignoriert, äusserlich indem sie in der Fürsorge für andere aufgeht und sich selber vergisst.
„Ich schätze deine Klarheit, dein Einfühlungsvermögen und deine Stärke“, lasse ich sie wissen. „ Wie ist es für dich die Verantwortung für dich selbst und Deine Bedürfnisse zu übernehmen? „frage ich nach. Melanie kommen die Tränen.
„ Dann bin ich gefühlt nicht mehr“, sagt sie.
Ich ermutige Melanie darin liebevoll ihren bisherigen Umgang mit sich selbst anzunehmen und zu schauen, in welche Richtung sie sich jetzt bewegen möchte.“ Erwachsen sein heisst nicht Anteile des inneren Kindes auszublenden oder zu übergehen. Glücklicherweise kommt dieses immer wieder zurück. Manchmal in Form von Müdigkeit, von Lustlosigkeit, manchmal in Form von sich abhängig machen vom anderen, wenn wir Anteile unserer Bedürftigkeit dem anderen unbewusst in die Hand geben“ sage ich.
„ Puh, ich kann nicht gut für mich sorgen“, meint Melanie. „ Zu merken, dass ich etwas nicht kann, gibt die Chance etwas neues zu lernen“, entgegne ich.
Melanie macht sich auf, ihren eigenen Weg zu finden, satt zu werden, anstatt hungrig zu bleiben. „ Es bereitet mir Freude und stärkt meine bedürftige wie auch meine starke Seite besser für mich zu sorgen“, lässt sie mich nach einiger Zeit des Übens wissen.