Im Gefängnis der Anpassung
Waltraud findet den Weg nach einem Vortrag zu mir. Sie lebt in einer langjährigen Beziehung mit ihrem Partner. Sie fühlt sich wie in einem Gefängnis und weiss nicht wie weiter. In der Beziehung mit ihrem Partner gibt sie was sie kann. „Ich stelle meine eigenen Bedürfnisse zurück, um seine zu befriedigen“, lässt sie mich wissen. In der Sexualtherapie erkunde ich mit ihr ihr Erleben in der aktuellen Paarsexualität. Es wird ihr klar, dass sie in dieser Beziehung Sicherheit und Geborgenheit sucht. Die Währung in der sie dafür bezahlt ist Sex. Ihr Partner freut sich über ihre sexuelle Offenheit. In Ihr drinnen sieht es anders aus. Sie beschreibt, wie sie alles über sich ergehen lässt, innerlich jedoch erstarrt. Obgleich sie in der Lage ist, einen sexuellen Höhepunkt zu erleben, hat sie das Gefühl als ob sie neben sich steht und dem Ganzen zuschaut, ohne gefühlt und gespürt dabei zu sein. Waltraud ist erleichtert, dass sie endlich darüber sprechen kann.
Ich erforsche mit Waltraut wo sie denn ist, wenn sie gerade nicht da ist. Sie erkennt, dass sie in ihrer Lebensgeschichte tief verletzende und grenzüberschreitende Bindungserfahrungen gibt. Waltraud lernt in kleinen Schritten, über Spiegelungen und mithilfe von Körperübungen, wie sie selbstfürsorglich für ihre eigene Sicherheit sorgen kann und immer mehr im Hier und Jetzt ihren eigenen Körper bewohnt. Indem sie ihr selbstgeschaffenes Gefängnis verlässt, übernimmt sie die Verantwortung für ihre Bedürfnisse in der Sexualität. Jetzt beginnt die Auseinandersetzung mit ihrem Partner.