Gegenüber auf Augenhöhe sein
Ilona hat über einen Vortrag zu mir gefunden. Sie lebt zusammen mit ihrem Partner und der gemeinsamen Tochter in einer langjährigen Beziehung. Ihr Partner ist durch eine berufliche Weiterbildung in einem beruflichen und persönlichen Veränderungsprozess. „ Alles ist anders als bisher. Wir leben schon lange keine Sexualität mehr, wir sprechen kaum miteinander. Ich weiss nicht mehr was ich tun soll, um ihn zu erreichen. Er ist nicht bereit eine Paartherapie zu machen. Jetzt hat er sich eine mehrwöchige Auszeit genommen. Als er ging, meinte er, die Beziehung so wie sie war, kann nicht mehr weiter so gehen. Ich bin wütend und ich habe Angst ihn zu verlieren, “ sagt Ilona frustriert.
Ilona möchte eine Standortbestimmung machen. Im Moment wäre sie bereit alles für diesen Mann zu machen, um ihn ja nicht zu verlieren. „Ich erlebe mich wie in einer emotionalen Achterbahn. Ich fühle mich ohnmächtig. Ich will nur noch, dass er zurückkommt, “ lässt sie mich wissen. Ich lade Ilona ein eine Paarkurve vorzubereiten, in der sie begonnen mit der Anfangsvision der Paarbeziehung die Geschichte ihrer Liebe und Sexualität mit diesem Mann darstellt. Sie nimmt sich Zeit für diese Aufgabe. Wieder wird ihr klar, dass sie in den letzten 25 Jahren eine tiefe Bindung zu diesem Mann aufgebaut hat, die nicht so ohne weiteres ersetzt werden kann. Sie hat ihren Partner finanziell unterstützt und Verzichte geleistet. In der Aufarbeitung der Paarkurve spürt sie wie wertvoll ihr die Beziehung ist. Sie erkennt Ressourcen der gemeinsamen Geschichte, nimmt bewältigte Krisen wahr und kommt mit bestehenden Verletzungen in Kontakt.
In Ilona macht sich nach der anfänglichen Wut eine Entspannung breit. Sie kommt bei sich an, spürt dass sie den Beziehungsvertrag mit ihrem Partner neu klären will. Neben der Angst ihn zu verlieren spürt sie ihre eigene Sehnsucht, aber auch ihre Grenzen. Sie hört auf ihre Bedürfnisse zurück zu stellen und alles tun zu wollen, um ihn zurück zu haben. Sie beginnt die Situation anzunehmen wie sie ist. „ Gefühlt erlebe ich mich jetzt als Gegenüber auf Augenhöhe“, sagt sie erstaunt.