Frau sein
Eva hat mich über einen Vortrag kennen gelernt. Sie erlebt sich an einer Weggabelung. Ob die Beziehung mit ihrem Mann weiter geht, weiss sie noch nicht. „ In der letzten Zeit habe ich versucht gut mit mir zu sein. Egal ob Leo zu mir und den Kindern zurück kommt oder nicht, ich weiss, dass ich das durchstehe. Zu dir komme ich wegen meiner Sexualität. Manchmal wenn ich mit Leo geschlafen habe, habe ich im hinteren Drittel meiner Scheide Schmerzen gespürt. Dann wenn er tief eingedrungen ist und dann in meinen Augen sehr lange Stossbewegungen gemacht hat, bis er endlich gekommen ist, erzählt Eva traurig.“ Wie hast du das erlebt, die Zeitspanne, bis er gekommen ist?“ frage ich. „ Ich war gar nicht mehr da“, sagt sie. „ Es hat einfach wehgetan. Ich war bei meiner Arbeit oder sonst wo und habe halt hergehalten bis er fertig war, “ sagt sie.“ In der Regel komme ich zuerst. Er stimuliert meine Klitoris, manchmal berührt er auch meinen Anus. Analsex will ich nicht, die Berührungen mag ich gerne. Nach meiner Gebärmutterentfernung habe ich das Gefühl ich spüre noch weniger in meinem Inneren. Meine Scheide erlebe ich wie einen toten Ort.“ „ Die mechanische Reibung in einer hohen Intensität ist nicht das, woran deine Scheide Freude hat“, sage ich. Ich beginne mit Eva an ihrem Spürbewusstsein zu arbeiten. Sie lässt sich auf Atem- und Beckenbodenübungen ein. Sie hat Freude daran sich zu erforschen. Sie baut vertrauen zu sich selbst und in ihre sexuelle Selbstsicherheit auf. Schritt für Schritt lernt sie über das spüren sowohl auf Beziehungsebene und im Genitalbereich was ihr gut tut. „Im Moment kann ich mich besser über zarte, sanfte Berührungen spüren, als über harte, mechanische Reibung“, sagt sie.
„ Es tut mir gut, wie selbstverständlich ich mit Dir über meine Sexualität sprechen kann“, sagt sie erleichtert. Eva geht ihren Weg.
Sicherheit, Präsenz und Selbstfürsorge
Regina hat mich auf Empfehlung ihrer Trauma Therapeutin kennen gelernt.
Nach Missbrauchserfahrungen in ihrer Kindheit und Konflikten in der Beziehung mit ihrem Mann erlebt sie sich in einer sehr ablehnenden Haltung gegenüber ihrem Geschlecht." Am liebsten würde ich es abschneiden! Im Moment habe ich eine völlige Ablehnung gegenüber meinem Geschlecht. Ich kann es gar nicht mehr anschauen, " sagt sie. Sie weiss nicht mehr wirklich, was sie will, steht wie neben sich selber. Sie sucht einen Weg. Dafür will sie meine Unterstützung. Ich exploriere mit Regina ihre aktuelle Situation.
" Mein Mann will immer wieder Sex mit mir. Er akzeptiert meine Grenzen nicht und sagt ich bin an allem Schuld. Ich soll nicht so blöd tun, dann geht es schon. Ich traue mich nicht mehr etwas zu sagen. Innerlich stelle ich total ab“, sagt sie verzweifelt. " Nimmst Du wahr, was du als grenzüberschreitend erlebst?" frage ich." Ja klar, Er berührt mich an meinem Geschlecht, er schläft mit mir, ob ich es will oder nicht!" sagt sie." Das geht so nicht Regina. Du brauchst Schutz für Dich, “ antworte ich. Mit Erlaubnis von Regina nehme ich Kontakt mit ihrer Trauma Therapeutin auf. Ihr Mann will keine Paartherapie. Die Situation ist verfahren. In einem ersten Schritt ist die Lösung so, dass das Paar sich räumlich trennt. Regina atmet auf. " Jetzt kann ich endlich wieder schlafen“, sagt sie erleichtert. Nachdem sie sich sicher fühlt, beginnt die Arbeit mit ihrer Selbstfürsorge und Präsenz in ihrer weiblichen Sinnlichkeit. Die Arbeit braucht Zeit. Regina macht sich in kleinen Schritten über das Spüren wieder Teile ihres Körpers zugänglich. Der Stress in ihrem Gesicht verändert sich." Ich weiss nicht wo das alles hinführt. Seit mein Mann nicht mehr da ist, geht es mir viel besser, “ meint sie.
Ein Sonnenstrahl auf meiner Haut
Manuela kommt zu mir auf Anraten eines Kollegen. Sie fühlt sich leer und lustlos. Der Geschlechtsverkehr mit ihrem Partner tut ihr weh. Sie weiss nicht mehr wie weiter. Ich exploriere mit ihr die Geschichte ihrer Sexualität. Mit ihrem Geschlecht fühlt sich Manuela nicht verbunden. Sie erlebt ihr Äusseres und ihr inneres Geschlecht als trocken, es juckt sie und fühlt sich unangenehm an. Sie mag ihr Geschlecht nicht. Dringt ihr Partner beim Geschlechtsverkehr ein, so geht sie innerlich weg. Sie spürt sich ein wenig, wenn sie selber den Finger auf ihre Klitoris legt. Im Grunde erlebt sie sich als leer.
Manuela ist schlank und sportlich. Im Sport spürt sie sich gut. Ihre hohe Muskelspannung im ganzen Körper gibt ihr Halt. Aus ihrer Kindheit kennt sie es, dass die Eltern berufstätig waren und es wenig gemeinsame Zeit gab. Gehalten und gestreichelt werden kennt sie kaum. Liebevolle, zärtliche Begegnungen hatten in ihrem Leben wenig Platz. Mit Manuela arbeite ich über den Körper. Sie kann sich gut spüren, wenn sie ihre Muskeln am ganzen Körper anspannt. Die ermutigende, erlaubnis- und orientierungsgebende Beziehungsgestaltung in der Sexualtherapie ist für sie ein wichtiger Aspekt. Sie erlebt sich als verstanden in ihrem Anliegen. Langsam entwickelt sie einen Spür- und Fühlzugang zu ihrem inneren Erleben. Die anfängliche innere Leere und Ablehnung ihres Geschlechtes weicht im Bild gesprochen dem Erleben eines zarten Pflänzchens, welches auf einen steinigen Boden gefallen ist. Ihr anfänglich steifer Gang und ihr stark gehaltenes Becken ändern sich.
„ Komisch“, sagt sie. „Eigentlich habe ich lange Zeit in meinem Körper gelebt und war wie nicht da. Es hat sich leer und einsam angefühlt. Ich bin wie ins aussen ausgewichen, das Gefühl von Leere war für mich unerträglich. Die Körperübungen mit den Gesprächen hier tun mir gut. Sie fühlen sich an, wie Sonnenstrahlen auf meiner Haut, “ sagt sie nachdenklich.
Den Knoten lösen
Ingrid hat den Weg zu mir über einen Zeitungsartikel gefunden. Sie lebt als Single Frau mit ihrem Kind in wechselnden Beziehungen. Selbstbewusst stemmt sie ihr Privat- und ihr Berufsleben. Sie kommt für eine Standortbestimmung und um an ihrer Sexualität zu arbeiten.
„ Ich suche einen Mann an meiner Seite. Das ist in meiner Situation nicht einfach. Dazu kommt, dass in meinen beiden letzten Beziehungen mich die Männer dafür verantwortlich gemacht haben, dass sie in der Sexualität mit ihre Erektion verlieren würden. Das verunsichert mich;“ sagt sie.
Mit Ingrid exploriere ich die Geschichte ihrer Beziehungen und ihrer Sexualität. Ein doppeltes Forschungsprojekt beginnt. In ihrer Selbstbefriedigung gelingt es ihr einen Orgasmus zu erleben. „ Im Kontakt mit einem Mann habe ich noch nie einen Orgasmus erlebt“, sagt sie. „Entweder ich gerate an einen Mann, der ein wunderbarer Vater für mein Kind wäre, oder an einen Mann mit dem ich die erotische Begegnung mag. Irgendwie stecke ich fest,“ sagt sie. In einem ersten Schritt geht es darum, dass sich Ingrid sowohl über ihr Beuteschema, wie auch über ihr sexuelles Körpermuster bewusst wird. „ So wie mit Dir habe ich noch nie mit jemanden über diese Themen sprechen können,* sagt sie erleichtert. Mit spezifischen Aufgabenstellungen geht sie zurück in den Alltag. Sie möchte zwei aktuelle Beziehungen, die ihr am Herzen liegen und ihr Projekt mit einem Mann zusammen einen Orgasmus zu erleben angehen. Die Reise beginnt. Ingrid macht sich auf den Weg in der Sexualtherapie neue Beziehungs- und sexuelle Lernschritte in ihrer besonderen individuellen Art zu erforschen.
Mit Berührungen spielen
Antje kommt auf Anraten einer Freundin. Sie ist am Beginn einer neuen Beziehung. Es begleitet sie die Angst, dass alte, schlechte Erfahrungen sich wiederholen könnten. Dies betrifft vor allem den Bereich ihrer Sexualität.
Zunächst exploriere ich mit Antje die aktuelle Situation. „ Ich habe Angst, dass mein neuer Partner so über mich hinweg geht, wie mein Ex- Mann“, sagt sie.
„Könnte es sein, dass du ihm indirekt die Botschaft sendest, sei bloss nicht wie mein Ex und damit höchstwahrscheinlich auf ihn unbewusst Druck ausübst? Was ist das, was auf keinen Fall passieren darf? Und wie kannst du anstatt darauf zu fokussieren deine Aufmerksamkeit auf das richten, wonach du dich sehnst?“ frage ich.
Antje wendet sich ihrer Angst zu. Sie gibt ihren gemachten Erfahrungen Raum. Es wird ihr bewusst, wie verletzend und wie beschämend sie die Sexualität mit ihrem Ex- Mann erlebt hat. Sie wendet sich ihrem Anteil zu. Sie betrauert und sie verzeiht sich selber, dass es ihr nicht möglich gewesen war früher ihre Grenzen besser zu spüren und diese einzufordern. Sie grenzt sich innerlich vom Anteil ihres Ex-Mannes ab. Antje lernt über die Reflektion der aktuellen Körperbegegnungen. Sie nimmt wahr was ihr gut tut und was sie nicht will. Sie anerkennt ihre alten, schmerzlichen Erfahrungen. Anstatt sich in der Vermeidung zu fixieren lernt sie, ihre Wahrnehmung ernst zu nehmen und sich mit dem zu zeigen, was sie im Körperkontakt mit ihrem Partner erleben möchte. Es wird ihr klar, wovon sie sich verabschieden möchte. „ Ich erlebe mich selber und unsere Beziehung als entspannter“, sagt sie erstaunt. Mich zu trauen, zu mir selber zu stehen und mich meinem Partner mit zu teilen, ist für mich wie ein neuer Schlüssel zu unserer Intimität. Im Nachhinein wird mir klar, was ich mir selber angetan habe, dadurch, dass ich so vieles aus falsch verstandener Liebe zugelassen habe, „sagt Antje nachdenklich. Es gelingt ihr eine neue Balance im Umgang mit sich selbst zu entwickeln und aktiv eine andere Berühungskultur im Paar zu leben.
Mit Berührungen spielerisch umgehen
Antje kommt auf Anraten einer Freundin. Sie ist am Beginn einer neuen Beziehung. Es begleitet sie die Angst, dass alte, schlechte Erfahrungen sich wiederholen könnten. Dies betrifft vor allem den Bereich ihrer Sexualität.
Zunächst exploriere ich mit Antje die aktuelle Situation. „ Ich habe Angst, dass mein neuer Partner so über mich hinweg geht, wie mein Ex- Mann“, sagt sie.
„Könnte es sein, dass du ihm indirekt die Botschaft sendest, sei bloss nicht wie mein Ex und damit höchstwahrscheinlich auf ihn unbewusst Druck ausübst? Was ist das, was auf keinen Fall passieren darf? Und wie kannst du anstatt darauf zu fokussieren deine Aufmerksamkeit auf das richten, wonach du dich sehnst?“ frage ich.
Antje wendet sich ihrer Angst zu. Sie gibt ihren gemachten Erfahrungen Raum. Es wird ihr bewusst, wie verletzend und wie beschämend sie die Sexualität mit ihrem Ex- Mann erlebt hat. Sie wendet sich ihrem Anteil zu. Sie betrauert und sie verzeiht sich selber, dass es ihr nicht möglich gewesen war früher besser ihre Grenzen zu spüren und diese einzufordern. Sie grenzt sich innerlich vom Anteil ihres Ex-Mannes ab. Antje lernt über die Reflektion der aktuellen Körperbegegnungen. Sie nimmt wahr was ihr gut tut und was sie nicht will. Sie anerkennt ihre alten, schmerzlichen Erfahrungen. Anstatt sich in der Vermeidung zu fixieren lernt sie, ihre Wahrnehmung ernst zu nehmen und sich mit dem zu zeigen, was sie im Körperkontakt mit ihrem Partner erleben möchte. „ Ich erlebe mich selber und unsere Beziehung als entspannter“, sagt sie erstaunt. Mich zu trauen, zu mir selber zu stehen und mich meinem Partner mit zu teilen, ist für mich wie ein neuer Schlüssel zu unserer Intimität. Im Nachhinein wird mir klar, was ich mir selber angetan habe, dadurch, dass ich so vieles aus falsch verstandener Liebe zugelassen habe, “ sagt Antje nachdenklich. Es gelingt ihr eine neue Balance im Umgang mit sich selbst zu entwickeln und aktiv eine andere Berühungskultur im Paar zu leben.
Ich stelle mir ein Bein
Kurt kommt auf Anraten eines Kollegen. Er ist glücklich in seiner neuen Beziehung. Nachdem ich eine Zeitlang mit dem Paar gearbeitet habe, kommt er jetzt alleine. Ihn bewegen Themen, die er aus alten Beziehungen kennt. Er befürchtet sich selber ein Bein zu stellen. Dafür ist ihm jedoch die bestehende Beziehung zu wichtig. Er will Maria nicht verlieren. Dazu möchte er jetzt meine Unterstützung.
„ Nach der Sexualtherapie zusammen mit Maria bei Dir, leben wir eine liebevolle Sexualität. Immer öfters kann ich Maria penetrieren ohne meine Erektion zu verlieren und sie kann mich beim Geschlechtsverkehr aufnehmen, ohne dass es ihr weh tut. Wir geniessen beide das, was zwischen uns möglich ist“, sagt Kurt dankbar.
„Innerlich spüre ich jedoch, wie ich auf Maria misstrauisch reagiere. Manchmal denke ich, sie will nur mein Geld, obgleich ich in der Realität erlebe, wie sie auf Ausgleich bedacht ist. Ich geniesse auch ihre Fürsorge.“
Mit Kurt tauche ich tiefer in die Geschichte seiner Herkunftsfamilie ein. Kurt hat in seiner Kindheit Gewalt erlebt. Er kennt es von seinen Eltern für ihre Belange gebraucht worden zu sein. In ihm schlummert ein Damokles-Muster, nämlich wie lange geht das gut, bis der nächste Schlag kommt. Dieses Muster aktiviert er unbewusst in seiner Liebesbeziehung.“ Ja ich habe meine Eltern geliebt und sie haben mir sehr wehgetan, “ sagt er traurig. „Puh, es ist gut, wenn ich in meinem Alter damit aufhöre, dasselbe mit mir zu tun.“ Kurt lernt innere destruktive Persönlichkeitsanteile bewusst wahrzunehmen und sich diesen liebevoll zuzuwenden. Manchmal spricht er auch mit Maria darüber. Er ist erstaunt über ihr Verständnis. Die beiden lernen aus ihrer Lebenserfahrung und stellen miteinander neue Weichen.
Gegenüber auf Augenhöhe sein
Ilona hat über einen Vortrag zu mir gefunden. Sie lebt zusammen mit ihrem Partner und der gemeinsamen Tochter in einer langjährigen Beziehung. Ihr Partner ist durch eine berufliche Weiterbildung in einem beruflichen und persönlichen Veränderungsprozess. „ Alles ist anders als bisher. Wir leben schon lange keine Sexualität mehr, wir sprechen kaum miteinander. Ich weiss nicht mehr was ich tun soll, um ihn zu erreichen. Er ist nicht bereit eine Paartherapie zu machen. Jetzt hat er sich eine mehrwöchige Auszeit genommen. Als er ging, meinte er, die Beziehung so wie sie war, kann nicht mehr weiter so gehen. Ich bin wütend und ich habe Angst ihn zu verlieren, “ sagt Ilona frustriert.
Ilona möchte eine Standortbestimmung machen. Im Moment wäre sie bereit alles für diesen Mann zu machen, um ihn ja nicht zu verlieren. „Ich erlebe mich wie in einer emotionalen Achterbahn. Ich fühle mich ohnmächtig. Ich will nur noch, dass er zurückkommt, “ lässt sie mich wissen. Ich lade Ilona ein eine Paarkurve vorzubereiten, in der sie begonnen mit der Anfangsvision der Paarbeziehung die Geschichte ihrer Liebe und Sexualität mit diesem Mann darstellt. Sie nimmt sich Zeit für diese Aufgabe. Wieder wird ihr klar, dass sie in den letzten 25 Jahren eine tiefe Bindung zu diesem Mann aufgebaut hat, die nicht so ohne weiteres ersetzt werden kann. Sie hat ihren Partner finanziell unterstützt und Verzichte geleistet. In der Aufarbeitung der Paarkurve spürt sie wie wertvoll ihr die Beziehung ist. Sie erkennt Ressourcen der gemeinsamen Geschichte, nimmt bewältigte Krisen wahr und kommt mit bestehenden Verletzungen in Kontakt.
In Ilona macht sich nach der anfänglichen Wut eine Entspannung breit. Sie kommt bei sich an, spürt dass sie den Beziehungsvertrag mit ihrem Partner neu klären will. Neben der Angst ihn zu verlieren spürt sie ihre eigene Sehnsucht, aber auch ihre Grenzen. Sie hört auf ihre Bedürfnisse zurück zu stellen und alles tun zu wollen, um ihn zurück zu haben. Sie beginnt die Situation anzunehmen wie sie ist. „ Gefühlt erlebe ich mich jetzt als Gegenüber auf Augenhöhe“, sagt sie erstaunt.
Die Position der Verletzten verlassen
Gabriela kommt auf Anraten einer Freundin. Sie erlebt sich als verantwortungsbewusste Partnerin und als engagierte Mutter. In ihrer Partnerschaft mit Leo schweigen beide. Gabriela ist aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen. „Ich habe begonnen den Gesprächen auszuweichen. Im Moment erlebe ich permanent Kritik. Die Coronazeit der letzten Monate hat uns als Familie einiges abverlangt. Ich erlebe mich gerade wie ein scheues Reh, welches jeglicher Konfrontation ausweicht. Ich bin dünnhäutig geworden, “ sagt Gabriela nachdenklich.
Gabriela möchte verstehen was mit ihr los ist. Sie weicht dem Körperkontakt mit ihrem Mann aus. In der Exploration verschiedener aktueller Situationen werden ihr klar, wie hoch der Stresspegel in diesen Momenten für sie ist. Sie spürt, wie sie innerlich in die Enge gerät und wie sie die aktuelle Situation als bedrohlich erlebt. Sie nimmt wahr, wie in ihr ein „Fluchtreflex“ berührt wird und wie wenig es braucht, dass dieser Mechanismus sich immer schneller in Szene setzt. Sie versteht wie das Verhalten ihres Partners, indem er sie in einer bestimmten Art kritisiert, bestimmte Erlebnisse aus ihrer Kindheit an triggern. Sie will diese alte Ohnmacht nicht noch einmal erfahren und weicht aus. Gabriela versteht den Sinn in ihrem Rückzug. Sie entwickelt ein Mitgefühl zu diesem scheuen Reh Anteil in sich selbst und lernt eine Distanz zum aktuellen Konflikt herzustellen. „Ich komme wieder in Kontakt mit der Löwin in mir. Ich spüre wie ich anfange standzuhalten, “ sagt sie erleichtert.
Was sagt er dazu?
Christian kommt auf Anraten seines Urologen. Er ist frisch verliebt. In der Selbstbefriedigung gelingt es ihm gut, sich anhand von Bildmaterialien im Sitzen zu befriedigen. Innerhalb weniger Minuten kann er anhand einer intensiven mechanischen Reibung, verbunden mit einem Druck auf seine Eichel rasch ejakulieren.“ In meiner Beziehung mit Luise ist das anders. Ich streichle sie, ich lasse ihr die Vorfahrt. Bis sie gekommen ist, ist mein Penis wieder schlaff. Luise ist interessiert daran, dass es auch mir gut geht. Sie berührt und streichelt mich, manchmal steht er wieder und kurz nach dem Eindringen fällt er zusammen. Es ist frustrierend in der Sexualität mit Luise immer wieder zu versagen, “ sagt Christian traurig.
Mit Christian exploriere ich die Geschichte seiner Sexualität. Er kennt es auf seine Partnerin fokussiert zu sein. Den Blick auf seinen eigenen Penis zu werfen und zu verstehen, was dieser wirklich geniesst, ist für ihn neu. In der Selbstbefriedigung ist seine Aufmerksamkeit auf das pornografische Material gerichtet. Die Intensität der manuellen Reibung findet er so in der Vagina seiner Partnerin nicht vor. „ Die Vagina von Luise ist eher weit, da rutsche ich aus. Luise kennt meinen Penis noch nicht so gut. Wir sprechen wenig über unsere Sexualität, “ sagt Christian frustriert.
In konkreten Körperübungen arbeite ich mit Christian in der Sexualtherapie an seinen Erregungsquellen und an seinem Erregungsmodus, also der Art, wie er sexuelle Erregung mit seinem Körper aufbaut, diese steigert, kanalisiert und entlädt. Zunächst nimmt Christian wahr, wie er seinen eigenen Körper als Schlüssel für Sinnlichkeit und sexuelle Erregung nutzt, in einem nächsten Schritt geht es darum wie er diese Schlüssel in der Beziehung mit Luise umsetzt. Die sensorische Rehabilitation seines Penis hat begonnen. „ Bis jetzt war es mir wichtig, dass es meiner Partnerin gut geht. Meinen Penis als dritte Person im Raum zu Rate zu ziehen, eröffnet mir ganz neue Wahrnehmungsmöglichkeiten, “ sagt Christian erleichtert.
Sexueller Spielraum
Renato kommt über das Internet zu mir. Ich lebe in einer Beziehung.
"Ich liebe meine Partnerin und sexuell gesehen brauche ich mehr
Spielraum, " sagt er.
" Was meinst Du damit?" frage ich. "Aktuell habe ich begonnen In
Clubs, in BDSM Seminaren etc. unterwegs zu sein und mich sexuell zu verwirklichen. Ehrlich gesagt ich finde das gesünder und es macht mir Spass zu experimentieren, " sagt Renato.“ Was ist dein Anliegen, wenn Du in die Sexualtherapie kommst?" frage ich.
Ich möchte das Ganze mit meiner Partnerin besprechen und ich frage mich ehrlich gesagt, ob ich normal bin. Ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber Leonie, “ lässt mich Renato wissen.
Mit Renato exploriere ich die Geschichte seiner Sexualität. Was erregt ihn und wie setzt er seinen Körper dafür ein? Er ist ein neugieriger Forscher und lässt sich gerne auf Körperübungen ein. „ Es ist interessant. So spüre ich mich besser und ich habe mehr Wahlmöglichkeiten wie ich mich errege. Es fällt mir auch leichter Leonie zu erotisieren und sie zu geniessen, “ sagt Renato. „Wie geht es ihr mit deinen sexuellen Praktiken?“ frage ich. „Ich erzähle wenig darüber. Ich erlebe sie dem gegenüber als skeptisch.“ „
Gut wenn ihr im Rahmen Eurer Möglichkeiten miteinander reden könnt. Ansonsten besteht in der Paar- & Sexualtherapie die Möglichkeit diese
Themen im geschützten Rahmen miteinander anzugehen.“
Sexuelle Selbstsicherheit entwickeln
Elisabeth kommt auf Anraten einer Freundin. Sie lebt zusammen mit ihrem Mann, ihren und seinen Kindern in einer Patchworkfamilie.
Die beiden schauen gerne Pornografie, manchmal zusammen, manchmal jeder für sich.
„Ich bin auf der Suche nach meiner Sexualität. Das was ich lebe fühlt sich eng und lustlos an. In der letzten Zeit habe ich mir Sextoys gekauft, einen Satisfyer, einen Womanizer. Ich kann rasch zum Orgasmus kommen. Irgendetwas fehlt mir. Ich fühle mich lustlos und ohne Freude, “ sagt Elisabeth.
Mit Elisabeth exploriere ich die Geschichte ihrer Sexualität. Sie kennt es durch eine klitorale Stimulation mit mechanischer Reibung verbunden mit einem intensiven Druck rasch genital entladen zu können.
Sie entdeckt, wie sie sexuelle Erregung über in der Sexualtherapie angeleitete Körperübungen, die sie zu Hause erforscht, über ihre Klitoris und die Stimulation ihrer Brustwarzen wahrzunehmen und im ganzen Körper mit Freude fliessen zu lassen. Sie erlebt wie es sich anfühlt leidenschaftlich mit dem Körper zu zeigen, was ihr Freude bereitet. Sie beginnt auch Lust daran zu erleben ihren Mann zu Positionen und Berührungsarten zu verführen, die sie erregen. So entdeckt sie neue Schritte, sich in ihrer Sexualität wohl und frei zu fühlen. „Mir im Alltag den Zugang zu meiner sexuellen Lust zu erschliessen ist nach oben hin offen. Das eröffnet mir mehr Lebenskraft und beflügelt mich, “ sagt sie lächelnd.
Der Druck ist raus
Elias hat den Weg zu mir auf Anraten einer Freundin gefunden.
Nach der ungewollten Trennung von seiner Partnerin ist er Single.
„ Mir fällt es nicht leicht alleine zu sein. Bei den Kontakten, die sich bei mir über eine App ergeben, schaffe ich es bis zu einem Date, aber meistens geht es nicht weiter. Ich frage mich was da los ist und suche einen Weg. Meine Sehnsucht wieder in einer Beziehung zu sein ist gross, sagt Elias.
Ich exploriere mit Elias die Geschichte seiner Liebesbeziehungen. „Hast du schon einmal längere Zeit als Single gelebt?“ frage ich. Nicht wirklich, ich hatte 2 längere Beziehungen. Von zu Hause aus bin ich zu meiner Frau gezogen, danach zu meiner letzten Partnerin, “ meint er nachdenklich.“ Sprichst du über deine Dates, erzählst du mir rasch was dir an den Frauen nicht gefällt. Nimmst du auch wahr, was dir an ihnen gefällt? „frage ich. „Ich habe einen hohen Massstab an eine Beziehung. Wenn das nicht stimmt, lasse ich mich nicht ein, „antwortet er.
Elias vollzieht in seiner Suchbewegung einen Perspektivenwechsel. Er nimmt sein Single Dasein als Lernchance an, mit sich und seiner Bedürftigkeit gut umzugehen. Es wird ihm klar, wie er die Verantwortung für seine emotionalen und sexuellen Bedürfnisse gerne an seine Beziehungsfrau delegiert. Er realisiert, wie er eine kritische Vorwurfshaltung einnimmt, sobald sein Bedürfnis unerfüllt bleibt. Es wird ihm klar, wie er dadurch unterschwellig Druck auf die Partnerin ausübt. “Mich wohlfühlend machen mit mir selbst fällt mir schwer, “ sagt er erstaunt. Es wird ihm klar, wie sein hoher Anspruch und die negative Bewertungsgewohnheit die Dating Atmosphäre vergiftet.“ Jetzt ist der Druck raus. Das tut gut, “meint Elias. Eine entspannte Suchbewegung beginnt.
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Loslassen- Schritte aus der Abhängigkeit
Lisa hat den Weg zu mir auf Anraten einer Freundin gefunden.
„Manchmal könnte ich in den Wald gehen und laut schreien,“ sagt sie ärgerlich. „ Seitdem ich mit meinem Mann nicht mehr in Clubs gehen will, um dort Szenarios mit ihm zu praktizieren, verweigert er, Sexualität mit mir zu leben. Ich fühle mich bedürftig und leer. Manchmal gibt es Momente, da könnte ich in den Ausgang gehen und Männer durchvögeln. Das ist das, wo er in den Clubs immer gerne zuschauen wollte, “ sagt Lisa ärgerlich.
„Gut wie du spürst was du willst und was du nicht willst und es dir immer besser gelingt deine Grenzen zu setzen“, sage ich. „Ich erlebe mich selbstbestimmter. Es tut mir zwar weh wie er sich verhält, aber ich verliere nicht mehr den Boden unter den Füssen. Seit dem ich bei Dir bin traue ich mir mehr zu. Ich liebe diesen Menschen, “ sagt Lisa. „ Liebst du ihn oder bist du abhängig von ihm?“ frage ich.
„ Vielleicht ist es beides. Ich suche meinen Weg aus der Abhängigkeit heraus. Und wir haben ein gemeinsames Kind, das uns verbindet, “ sagt Lisa nachdenklich.
Lisa übernimmt die Verantwortung für ihre emotionalen und sexuellen Bedürfnisse. Sie baut sich einen neuen Freundeskreis auf. „ Ich habe aufgegeben meinen Mann verändern zu wollen. Etwas in mir lässt immer mehr los. Das tut mir gut, “ sagt Lisa.
Funkstille
Martha hat mich über die Teilnahme an einem Kurs kennen gelernt. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern lebt sie in einer langjährigen Beziehung. Ich habe begonnen unsere Sexualität zu verweigern und zu schweigen. Mein Mann macht sein Ding. Seit Corona habe ich ihn gefühlt verloren. Ich fühle mich mit den Kindern alleine gelassen und im Gespräch von ihm überrollt, “ sagt sie frustriert. Martha möchte eine Standortbestimmung. Die aktuelle Situation erlebt sie als unerträglich. „ Edwin ist nicht bereit für eine Paarberatung. Ich will etwas tun, dass es mir besser geht, “ meint sie.
In einem ersten Schritt ermutige ich Martha sich konsequent für ihre emotionale Befindlichkeit zu interessieren. „ Wie fühlt es sich an, wenn Du Schweigst?“ frage ich sie. „ Das fühlt sich nicht gut an. Ich bin ärgerlich, ich weiche seinen Konfrontationen aus. Gleichzeitig will ich ihn nicht verletzen,“ antwortet sie betroffen.
Bei Martha ist eine starke Betroffenheit und ihre Veränderungsmotivation spürbar. Im Grunde sucht sie einen gemeinsamen Nenner mit Edwin. In kontinuierlichen Reflektionen und Ermutigungen gewinnt sie Klarheit. Sie versteht wie ihr derzeit sympatikon erregtes Nervensystem in den Beziehungsmustern mit Edwin sich auf Flucht als Lösungsstrategie eingestellt hat. Sie erlebt, wie in verunsicherten inneren Kind Anteile durch Verstanden werden, Mitgefühl und Spiegelung erwachsene Anteile aktiviert werden und sich wieder eine emotionale Grundsicherung in ihr entsteht.
Martha ist bereit die aktuelle Situation als Entwicklungschance zu nutzen und das Gespräch mit ihrem Mann zu suchen. Darauf bereitet sie sich in Ruhe vor.
Auf der Suche nach der eigenen Wahrhaftigkeit
Karl kommt über das Internet zu mir. “Im Moment bin ich was meine Sexualität angeht am Forschen. Ich gehe in Clubs, ich besuche BDSM Seminare. Ich bin transparent mit meiner Partnerin. Sie kommt nicht mit, das ist nicht ihr Ding. Ich brauche, was gerade geschieht. Es könnte mich die Beziehung kosten, das will ich nicht, “ sagt Karl aufgewühlt.
„Irgendwie hat das neue seinen Reiz. Und irgendwie hänge ich fest. Bei Dir will ich eine Art Standortbestimmung machen.“ meint er nachdenklich.“
Mit Karl exploriere ich die Geschichte seiner Sexualität. Folgende Fragen in Verbindung mit Körperüberübungen in der Sexualtherapie und mit sich selbst zu Hause helfen ihm sich besser in seinem sexuellen Begehren zu verstehen: Wie spürst du dich? Z.B. über die Atmung, das anspannen und entspannen, die Bewegung, etc.. Was erregt Dich? Was erotisierst du?
„Ich bin auch schon von einem Club wieder nach Hause gefahren, weil ich gespürt habe jetzt möchte ich keinen Sex sondern Herzenswärme und Zärtlichkeit. Das ist dort nicht gegangen. Lange Zeit habe ich mich nicht getraut zu mir zu stehen. Was ich gelebt habe hat sich angefühlt wie ein enges Gefängnis. Meine Ex war nicht bereit da mitzugehen.“ Mithilfe der Spürübungen wird er sich seines Erregungsmodus bewusst. Es macht ihm Freude zu lernen seine sexuelle Erregung durch den Körper fliessen zu lassen. Er lernt mit seinem Rhythmus zu sein, ist jedoch auch bereit sich in seiner Paarsexualität auf die Wünsche seiner Partnerin einzulassen. Er sucht nach Kompromissen seinen Freiraum zu leben und mit seiner Partnerin mitzuschwingen. “Ich bin dankbar, dass Simone im Moment an meiner Seite bleibt und mir diesen Freiraum zugesteht. Ich bin froh über deine Ermutigung Spürräume zu erweitern und im Paar liebevoll miteinander zu forschen, was für beide geht. Mir ist die Bindung zu meiner Partnerin wichtig. Ich würde mir wünschen, dass uns das gelingt, “ sagt Karl berührt.