Der Blick zurück stärkt den Blick nach vorn
Jutta kommt auf Anraten einer Kollegin. „Ich möchte mich für eine neue Beziehung öffnen. Mein Partner ist vor 2 Jahren plötzlich verstorben. Immer noch spüre ich einen Groll und Ärger auf ihn. In den Sachen meines Mannes habe ich zahlreiche pornografische Aufzeichnungen und spezielle Kleidungsstücke gefunden. Das hat mich irritiert und verletzt. Wir haben in den letzten Jahren kaum Sexualität miteinander gelebt und auch nicht darüber gesprochen, “ sagt sie ärgerlich. Mit Jutta exploriere ich ihr aktuelles Erleben und bitte sie einen Rückblick in ihrer Paargeschichte in Bezug auf die gemeinsam erlebte Sexualität zu erstellen.
Es gelingt ihr, ihre Gefühlen wie Scham, Ekel und Ärger darüber, dass sie in ihrem Erleben hintergangen wurde, auszudrücken und sich damit zu verbinden. Sie beginnt die sexuellen Vorlieben ihres Mannes anzuerkennen, als seinen Weg seine Sexualität gelebt zu haben. Sie distanziert sich innerlich davon. Ein Perspektivenwechsel geschieht. Ein Zugang zu den sexuellen Begegnungen mit ihrem Mann und den schönen Momenten mit ihm wird wieder möglich. Es wird ihr bewusst, wie auch sie sich in den letzten Jahren körperlich von ihm zurückgezogen hat. „ Es gab etwas unausgesprochenes zwischen uns, leben und leben lassen. Das wird mir jetzt bewusst, “ sagt sie nachdenklich. Ein Prozess des Loslassens, des sich selber Verzeihens und ihrem Mann zu verzeihen beginnt. „In mir wird eine neue Dankbarkeit und ein Mitgefühl spürbar. Er ist seinen Weg gegangen und ich gehe jetzt meinen Weg. Und ich habe mich entschieden an deiner Selbsterfahrungsgruppe zum Thema „weibliche Sexualität teilzunehmen“, sagt sie nachdenklich. Jutta versöhnt sich mit sich selbst. In einem Abschiedsritual entsorgt sie Sachen ihres Mannes und geht ihren eigenen Weg.