Eine Schutzmauer errichten
Winfried und Carola haben den Weg zu mir über einen Vortrag gefunden. Sie sind ein langjähriges Paar. Oft gelingt es den beiden nicht ihre Sexualität miteinander zu leben. „ Ich komme nicht an Winfried heran. Er baut eine Schutzmauer um sich herum auf. Ich habe den Eindruck, das was er nicht hören will, dringt nicht zu ihm durch. Getroffene Abmachungen untergräbt er. Und das schlimme ist, wenn er dann sexuell unter Druck gerät, schiebt er die Schuld dafür, dass wir keinen Sex miteinander leben zu mir. Ich habe so genug davon,“ sagt Carola. Mit dem Paar arbeite ich wechselseitig in individuellen Einzelstunden und als Paar.
Auch Carola kennt frühe Verletzungen aus ihrer Herkunftsgeschichte. Immer wieder war sie für ihre Mutter da, musste eigene Bedürfnisse zurück stellen und hatte gefühlt nur dann eine Existenzberechtigung, wenn die Bedürfnisse der anderen erfüllt waren.
Carola unterstütze ich darin, sich ihrer eigenen frühen Verwundungen bewusst zu werden, mit Anteilen ihres inneren Kindes in Kontakt zu kommen, zu verstehen was es damals gebraucht hätte und Mitgefühl für diesen Persönlichkeitsanteil zu entwickeln. Je bewusster ihr ihre eigenen verletzlichen Punkte werden, umso besser kann die Trennung des heutigen erwachsenen Ich Anteiles vom früheren kindlich bedürftigen Anteil geschehen. Ich ermutige Carola darin ihre aktuellen Bedürfnisse wahrzunehmen und sich ohne schlechtes Gewissen gegenüber ihrem Partner abzugrenzen. Eine ähnliche Arbeit, die Winfried und das Errichten seiner Schutzmauer angeht, mache ich mit ihm. Zeitweise geschieht diese Arbeit in den Paarstunden im Beisein des anderen. Indem der Partner als Zeuge die innere Not des anderen erlebt, können ein tieferes Verstehen und gegenseitiges Mitgefühl entstehen. Ziel ist im Paar die wechselseitige Kommunikation und Interaktion auch als Selbstfürsorge beider Partner zu optimieren. Carola lernt den Emotionskreis von Wut, Trauer und Ohnmacht früher wahrzunehmen, ihren eigenen Anteil selbst zu versorgen und ihrem Partner seinen Anteil zuzumuten. Wilfried versteht immer besser, was er selber für seine Einsamkeit und Frustration hinter beiträgt. Auch er macht sich auf den Weg die Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen.