Newsletter September 25
Ich- Du- Wir- Räume
Beziehungskompetenz gewinnen
Paare geben dem Verhalten des Partners eine Bedeutung. Je nachdem wie diese Bedeutungsgebung ausfällt, betreten sie Negativ- oder Positivkreisläufe in der Begegnung miteinander.
Diese Bedeutungsgebungen sind oft verknüpft mit Bewertungen wie «richtig oder falsch», «besser oder schlechter».
Manchmal bekämpft ein Partner das als falsch oder schlecht interpretierte Verhalten des anderen. Je mehr Kritik, der andere erntet, umso mehr zieht dieser sich zurück und verschliesst sich.
Dabei geht der emotionale Kontakt, oder wie von den Paaren beschrieben «unsere Liebe» immer mehr verloren. Oft erleben sich die Partner in diesem Negativkreislauf als frustriert, resigniert, hilflos.
Empathie und Perspektivenwechsel als Kernkompetenz
Diese unsichtbare Brille, die oft unbewusst die Wahrnehmung jedes einzelnen und des Paares eng macht, muss nicht als gegeben hingenommen werden.
Entscheidend dafür, die Negativkreisläufe zu verlassen, ist zum einen die Fähigkeit, die eigene Perspektive, sowie die Perspektive des anderen, anzuerkennen und darin beweglich zu bleiben.
Folgende Fragen können weiterführen:
-Was sind die Themen, die hinter der sich als verhärtet anfühlenden Position bei sich selbst stehen? Was sind im sich verstrickenden Beziehungsprozess die Themen des anderen?
-Welche Verletzungen, unerfüllten Bedürfnisse, nicht erfüllten Erwartungen steuern den emotionalen Motor in diesem Prozess?
-Wie können wir lernen, uns in uns selbst, sowie in den anderen verständnisvoll einzufühlen?
Ich- Du- und Wir Räume miteinander bewusst gestalten
Für die Beziehungsqualität des Paares kann die Differenzierung zwischen den Ich-Du-Wir- Räumen helfen, die Beziehungskompetenz zu vertiefen. Es geht dabei darum, innerhalb dieser Sichtweisen die eigenen Bedürfnisse und die des anderen, sowie das gemeinsame Wohl kreativ besser zu verstehen.
Ich- Raum
Der «Ich Raum» meint den eigenen inneren, subjektiven Erlebens-Raum. Er umfasst die eigene Identität, »Ich bin», wie auch das Erkennen eigener Wünsche, Grenzen und Verantwortlichkeiten.
Es geht darum für das eigene Wohlbefinden zu sorgen.
Bestehende Verletzungen, sowie die Fähigkeit sich selber anzunehmen formen in den Auseinandersetzungen mit verinnerlichten gesellschaftlichen und familiären Haltungen das Selbstbild.
Du- Raum
Der Du- Raum ist geprägt durch die Perspektive «Wer bist Du?» und «Wer bin ich in Beziehung zu Dir?». In der Begegnung mit anderen besteht die Möglichkeit, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Dabei ist jeder in seinem Selbstbild und in seiner Selbstwahrnehmung gefordert und kann diese innerliche Selbstkonstruktion kontinuierlich weiter entfalten.
Den anderen in seinem So-Sein wahrzunehmen und anzuerkennen kann dabei unterstützen, Unterschiedlichkeiten als Bereicherung verstehen.
Wir- Raum
In der Wir- Perspektive begreifen sich Paare und Familien als ein grösseres Ganzes. Im Bild betrachtet kann dieses grössere Ganze mit Organen des Körpers verglichen werden. Jedes Organ funktioniert eigenständig und ist im Körper dennoch essenziell miteinander verbunden. So wird die eigene Identität nicht nur aus individueller Sicht, sondern im Kontext von Beziehung und Zugehörigkeit wahrgenommen.
Herz-Sex-Bindung verbunden mit den Ich-,Du-,Wir-Räumen
Im Ich Raum kann jeder einzelne sein sexuelles Begehren, sein Liebesbegehren, wie auch das bestehende Bindungsbedürfnis wahrnehmen.
Im Du-Raum ist es möglich, dass das Paar das sexuelle Begehren des anderen wahrnimmt und erforschen kann, was sie selber berührt, was sie vom anderen unterscheidet und was sie mit dem anderen verbindet.
Auf der Ebene des Liebesbegehren (Herzebene) besteht die Möglichkeit einfühlsam das Bedürfnis des anderen nach gesehen und angenommen werden, zu akzeptieren, wie auch die Grenzen des anderen zu respektieren. Diese Haltungen von Empathie, Respekt und gegenseitiger Annahme, bilden ein Fundament für die Fähigkeit liebevoll miteinander umzugehen. Sie ermöglichen dem Paar eine innige emotionale Verbundenheit zu erleben.
Auf der Bindungsebene im Du-Raum kann es darum gehen zu klären, inwieweit der andere an einer Bindung interessiert ist und inwieweit die Position des anderen mit dem eigenen Bedürfnis übereinstimmt. Offene und verständnisvolle Haltungen füreinander lassen das Vertrauen zueinander wachsen.
Im Wir-Raum kann es möglich werden, sich in der Sexualität dem anderen lustvoll hinzugeben, sich mit dem anderen als verschmolzen zu erleben und so eine tiefere Verbundenheit miteinander zu spüren.
Auf der Herzensebene kann die anerkennende Umarmung der Unterschiedlichkeiten zu einer innigen Verbundenheit führen. Die beiden erleben sich als einander zugehörig, ohne Aspekte von sich oder dem anderen auszuschliessen. Manchen Paaren gelingt es, sich ohne Erwartung an den anderen zu verschenken und sich in dieser Qualität des Kontaktes zu entfalten.
Auf der Bindungsebene können beide im Wir- Raum Sicherheit empfinden. Das gegenseitige Vertrauen miteinander kreative Lösungen zu finden, fühlt sich erleichternd an. Beziehung wird nicht als einengende Verpflichtung, sondern aus einer selbstentschiedenen Freiheit heraus erlebt. Zugehörigkeit wird als sinnstiftend und verbindend empfunden und ermöglicht auch andere Dimensionen der Selbstverwirklichung.
Übung Beziehungskompetenz entwickeln:
Wenn möglich mache diese Übung mit deinem Partner. Die Fragen sollen dabei helfen als Leitfaden die Beziehungsaspekte zu reflektieren. Geht miteinander die Fragen durch und wechselt die Rollen des Fragenden, Sprechenden und Zuhörenden.
Wichtig in der Übung ist, nicht nur über das Denken, sondern auch mit Deinem Körper und Deinen Gefühlen in Kontakt zu sein.
1.Deine Art Kontakt zu machen erforschen
Wie nimmst Du Kontakt auf, wie gestaltest Du diesen Kontakt?
Wer führt, wer schliesst sich an?
Wie beendest Du diesen Kontakt?
Welche Rolle spielt dabei die Dimension der Sexualität, der emotionale Kontakt, die Bindung?
2.In Resonanz gehen, sich sichtbar machen
Wie zeigst Du Dein Interesse an Sex, Liebe, Bindung?
Welche Signale brauchst Du vom anderen, dass Dein Interesse geweckt wird?
3.Erotik, Sexualität
Wie initiierst Du einen erotischen Kontakt?
Wie antwortest Du auf entsprechende Kontaktangebote?
Was macht Dir Angst? Was törnt Dich an? Was stösst Dich ab?
4.Liebe geben und empfangen
Wie zeigst Du Deine Liebe?
Wie erlebst Du es geliebt zu werden?
Wie formulierst Du auf spielerische Art Liebeserklärungen?
Wie fühlt es sich an diese auszusprechen oder zu erhalten?
Bindung gestalten
Welche Bindungsart wünscht Du Dir?
Wie gehst Du damit um, wenn Dein Bindungsbedürfnis nicht erwidert wird oder Unterschiede auftauchen?
Was ist Dein Spielraum? Wo sind Deine Grenzen?
Perspektiven im Ich-, Du-; Wir-Raum wechseln
Wählt ein Thema, welches Euch beide interessiert und emotional berührt. Beginnt ein offenes Gespräch, in dem jeder von Euch die Perspektive zwischen Ich, Du und Wir wechselt. Wie wirkt die jeweilige Perspektive auf Dich, wie fühlt sie sich an? Hast Du bemerkt in welcher Perspektive sich der andere befindet?
Eine gemeinsame Ausrichtung entwickeln
Erstellt eine Liste Eurer Wünsche für Euer Liebesleben und ordnet diese nach Eurer persönlichen Priorität. Tauscht Euch über Eure Listen aus und achtet darauf, was das in Euch berührt.
Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede entdeckt Ihr? Findet eine gemeinsame Ausrichtung, welche Eure unterschiedlichen Sichtweisen berücksichtigt.
Gerne unterstütze ich Paare dabei Unterschiede (Ich und Du) anzuerkennen und diese als Bereicherung und gegenseitige Entfaltungsmöglichkeiten in der Beziehung (Wir)zu erleben.