Newsletter Mai 25
Was hält Paare zusammen
Das Wesen von Bindung in Liebesbeziehungen verstehen
In einer Zeit, in der individuelle Freiheiten und Selbstverwirklichung im Vordergrund stehen, bleibt für viele Paare die Sehnsucht nach Bindung in ihrer Liebesbeziehung ein zentrales Bedürfnis.
Im Unterschied zur erotischen, leidenschaftlichen Anziehungskraft (Sexualität) oder zu einer liebevollen, emotionalen Vertrautheit (Liebe), meint Bindung eine Beziehungsdimension, die emotionalen Halt und Sicherheit gibt.
In diesem Newsletter geht es darum, das Wesen von Bindung zu verstehen und zu würdigen. Ebenso geht es darum bewusst zu machen, dass eine nährende Bindungsbeziehung nicht einfach so entsteht. Auch Bindungsbeziehungen mit dem Bekenntnis, «bis dass der Tod Euch scheidet», sind nicht vor Trennungen gefeit. Es braucht Mut, sich mit Themen wie Bindungsfähigkeit und Bindungsbereitschaft auseinanderzusetzen. Ziel dieser Auseinandersetzung kann sein, als Paar Beziehungen auf eine für beide stimmige Art zu leben.
In Konflikten bilden unerfüllte Bindungsbedürfnisse oft unbewusst den Zündstoff. Unbewusste Prägungen aus der Kindheit, Wertevorstellungen, nicht hinterfragte Ideologien und der nicht thematisierte Umgang mit dahinterliegenden Bindungsbedürfnissen können in Konfliktsituationen dazu führen, dass Liebesbeziehungen in eskalierenden oder schweigenden, dramatischen Beziehungsdynamiken enden.
Bedeutung von Bindung für Liebesbeziehungen
Bindung verleiht einer Beziehung Dauer und Tiefe. Bewusstheit über die Bindungsmuster, hilft dabei unsere Liebesbeziehungen achtsam und kreativ zu gestalten. Eine lebendige Bindung zeichnet sich durch einen sinnstiftenden Umgang mit den Gegensätzen von Sicherheit und Freiheit, Geborgenheit und Abenteuer, Festhalten und Loslassen aus.
Stimmige Bindungs-Entscheidungen treffen zu können, setzt voraus, die Option wählen zu können, sich für den Menschen, den ich liebe und begehre zu entscheiden und ein Stück des Lebensweges gemeinsam zu gehen. Bleibt diese Option ausgeklammert, so geht es in Beziehungen um Vermeidung und um Flucht, anstatt um die Freiheit zur Bindung. Letztlich beinhaltet die Fähigkeit sich zu binden, Begrenzung und Verzicht als wertvolle Aspekte zu akzeptieren.
Bindungsmuster reflektieren
Folgende Fragestellungen können dabei unterstützen, Bindungsmuster zu reflektieren.
Welche Bedürfnisse oder auch Ängste beeinflussen Bindungen?
Meine Angst verlassen zu werden, oder mich eingeengt zu fühlen, mich als nicht gesehen und angenommen zu erleben.
Basieren die Erwartungen an Beziehungen auf Projektionen oder auf realen Gegebenheiten?
Meine Sehnsucht nach emotionaler Nähe, tiefer Verbundenheit, kann und will der andere mir diese geben?
Wie entstehen neue Bindungen?
Welche Bedürfnisse oder Sehnsüchte sind der Auslöser, dass ich mich auf Bindung einlasse?
Welche Rolle spielen Verliebtheit, Vertrautheit, Visionen?
In wen und warum verliebe ich mich? Vertraue ich mich diesem Menschen an? Was möchte ich mit diesem Menschen leben (Elternschaft, gemeinsame Firma, erotische Leidenschaft)?
Wie finden Paare ein Gleichgewicht zwischen dem Bedürfnis nach Freiheit und dem Wunsch nach Zugehörigkeit und Verlässlichkeit?
Schenken wir uns als Partner gegenseitig Handlungsspielraum? Können wir uns immer wieder loslassen und gleichzeitig miteinander verbunden bleiben?
Wie können wir Bindungen, die wir nicht aufrechterhalten wollen, konstruktiv auflösen?
Ist es mir erlaubt die eigenen Grenzen in Liebes - Beziehungen transparent zu machen und die Beziehung gegebenenfalls zu beenden?
Individuelle Bedeutung von Bindung verstehen
Die folgende Übung hilft dabei zu erforschen, wie jeder Partner seine Liebes-Bindungsbeziehung gestaltet.
Meditative Einstimmung
Wenn möglich schliesse deine Augen, nimm deine Atmung wahr und komme in deinem Körper an.
Bindungsbedürfnisse
Welche Bedürfnisse verknüpfst du mit Bindung?
Gestaltung von Bindungsbeziehungen
Wie gehst Du eine Bindung ein?
Erkennst Du darin ein Muster?
Wie erlebst Du die Balance zwischen Nähe und Distanz, Zugehörigkeit und Bindung?
Welcher Pol ist Dir vertrauter, bedeutsamer?
Vision
Wie möchtest Du in Zukunft Deine Beziehungen bewusster gestalten?
Was kannst Du Dir als konkrete, stimmige Schritte vorstellen?
Auswertung
Notiere Deine Gedanken. Bewahre sie als Grundlage auf und erforsche, wie Du Bindungsbeziehungen gestaltest.
Grenzen und Möglichkeiten im Umgang mit Bindung
Mehrere Liebesbeziehungen gleichzeitig zu führen, muss nicht bedeuten mehr Lust und Liebe zu erleben. Viele Menschen machen die Erfahrung, dass es eine Beziehungs-Kapazitätsgrenze gibt. Diese eigene Grenze und auch die Grenze des Partners wahrzunehmen und anzunehmen, eröffnet in der Beziehung einen lebendigen, tiefen Begegnungsraum. Begrenzungen bewusst zu zustimmen, bereitet das Fundament Autonomie (Freiheit) und Bindung (Zugehörigkeit)
zu erleben. Die für das Paar passende Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden eröffnet Spielraum, sich einander liebevoll zu zuneigen ohne festzuklammern, sowie Momente sich leidenschaftlich zu begehren, erleben zu können.
Gerne begleite ich Paare, Männer und Frauen dabei, ein tieferes Verständnis für ihre Bindungsmuster mit den dahinterliegenden Themen und Bedürfnissen zu entwickeln und so eine lebendige, sich gegenseitig Halt gebende Beziehung zu erleben.