Newsletter Juli 25
Sexualität
Was bedeutet sie für mich- für uns als Paar?
Fühlen sich beide Partner in einer Beziehung wohl, scheint die Bewusstheit darüber wie die 3 Beziehungsdimensionen von Bindung, Liebe und Sexualität miteinander verwoben sind, keine Rolle zu spielen. Gibt es jedoch Stolpersteine und Behinderungen in der Beziehung, kann das Erkunden dieser Dimensionen in der Beziehungslandkarte des Einzelnen und des Paares hilfreich sein.
In diesem Newsletter greife ich den Aspekt der Sexualität auf. Welchen Sinn hat diese Dimension in einem ganzheitlichen Beziehungskontext? Wie gelingt es dem Paar Sexualität als einen Teil der Beziehungsgestaltung miteinander zu geniessen?
Dazu greife ich das Bild eines leckeren Paar-Menus auf. Bereiten die Partner ihr Beziehungsmenu zu, so enthält dieses Gericht verschiedene Zutaten. Im Schmecken der Mahlzeit, muss das Paar nicht die Zutaten und deren fein aufeinander abgestimmte Kombination kennen. Bei der Zubereitung des Menus ist es jedoch sinnvoll, die für beide passenden Zutaten auszuwählen und aufeinander abgestimmt zu würzen.
Für das Menu des Paares gibt es kein allgemein gültiges Ideal. Wie die beiden ihr Beziehungsgericht zubereiten, die Zutaten dosieren und ihre gemeinsame Mahlzeit geniessen, ist Teil ihrer Beziehungsprozesse.
Das Wesen der Sexualität
Um das gemeinsame Menü zu geniessen, gilt es die Komplexität von Sexualität zu verstehen. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein:
Welche Funktion und welche Bedürfnisse erfüllt Sexualität?
Welche Bedeutung hat Sexualität?
Was wird versucht durch Sexualität zu erreichen oder auch zu vermeiden?
Dazu einige Beispiele was Paare dazu motivieren kann, Sexualität zu leben:
eheliche Pflicht; mehr Haushaltsgeld; dem Partner ein Geschenk zu machen; Angst davor, den Partner zu verlieren; die emotionale Nähe zum Partner über den Geschlechtsverkehr zu spüren; miteinander Intimität zu geniessen; ein neues Szenario auszuprobieren; die Eroberung eines unbekannten Menschen; ein gesellschaftlicher oder beruflicher Aufstieg.
Welche Funktion kann Sexualität erfüllen?
Kinderwunsch; Bestätigung sich als sexuelles Wesen begehrenswert zu erleben; die eigene Identität als sexuelles Wesen finden oder bestätigen; Spannung zu regulieren, die sich bei der Arbeit oder in der Beziehung angestaut hat; Emotionen zu regulieren, die sich angestaut haben; Ersatz für unerfüllte Bedürfnisse; als Suchtmittel, um sich von bestehenden Problemen abzulenken; die Stärkung der Bindung im Paar; die Auflösung oder Schwächung der Bindung; Sexualität als Waffe zur Erniedrigung; Sexualität im Kontext von Macht und Gewalt; als Selbstwertsteigerung, um sich für jmd. attraktiv zu mache;, als Tauschobjekt für Geld.
Sexualität ist durch persönliche und durch kulturelle Einflüsse geprägt. Sie berührt als eine tiefgreifende Erfahrung Körper und Seele. Die erotische Anziehung entsteht oft aus dem Spiel mit Gegensätzen und wird durch diese Gegensätze intensiviert. Miteinander können die Partner immer wieder etwas Kreatives erschaffen und neues erleben, was alleine so nicht möglich wäre.
Die Qualität davon, was wir als erotisch empfinden, hängt von unserer Körperwahrnehmung ab, also von unserer entwickelten Eigenart, die Welt über die Sinne zu erfahren. Die eigene Präsenz und die Neugierde, sich immer wieder auf Veränderungen einzulassen und neue Formen der Intimität zu entdecken, verleiht der Sexualität Lebendigkeit.
Das Fehlen im Spiel mit erotischer Spannung führt dazu, dass das sexuelle Interesse in langjährigen Beziehungen oft nachlässt oder zu einer Abfolge von Gewohnheit oder mechanischen Handlungen reduziert wird.
Auch tief verwurzelte Glaubenssätze können es schwer machen, über die Grenzen des Vertrauten zu verlassen.
Im Bild gesprochen können wir uns Normen und Verbote wie eine innere Bremse vorstellen, die uns daran hindert, frei zu schwingen.
Die eigene Präsenz und die Neugierde sich immer wieder auf Veränderungen einzulassen und neue Formen der Intimität zu entdecken, verleiht der Sexualität Lebendigkeit.
Ein neugieriges Erkunden sexueller Praktiken, manchmal auch über eine anfängliche Skepsis hinaus, kann bereichernde neue Entdeckungsräume erschliessen.
Eine Übung zum Erforschen sinnlich-erotischer Qualitäten
Die Übung dient dazu, spielerisch und kreativ Deine sinnlich-erotischen Qualitäten zu entdecken und Raum für Neues zu öffnen.
1. Ankommen bei Dir selbst
Wähle einen ruhigen Ort, an dem Du sitzen oder liegen kannst.
Wende Dich mit deiner Aufmerksamkeit nach innen. Eventuell hilft Dir dabei eine Augenbinde zu tragen.
Atme tief ein und aus, gib Dein Gewicht an den Boden ab. Komm in Deinem Körper an.
2. Erkunde Gegensätze
Wie erlebst Du Polaritäten in deinem erotischen, sexuellen Leben, wie z.B. geben und nehmen, passiv und aktiv sein, führen und geführt werden, Dich erregt fühlen und Dich entspannt fühlen?
Stelle Dir dazu ein sexuelles Szenario vor.
Was nimmst du dabei in deinem Körper wahr? Was fühlst Du? Wie bewertest Du dieses Erleben? Empfindest Du es als angenehm oder als unangenehm?
3.Über das Erlebte sprechen
Stelle Dir vor über das, was Du erlebt hast zu sprechen. Was berührt dies in Dir? Wird es eng in Dir oder eher weit? Erlebst Du Dich als entspannt oder als ängstlich?
4.Unbekanntes zulassen
Wähle ein sexuelles Szenario mit diesen Gegensätzen aus, das dich neugierig macht und ausserhalb deiner vertrauten Komfortzone liegt. Nimm die damit verbundenen Gefühle und Widerstände wahr. Gestalte Dein Szenario in deinem solo-erotischen Unterwegs-Sein. Berühre Dich selbst. Spüre die Berührung von beiden Seiten, indem Du wahrnimmst, wie es sich anfühlt zu empfangen und zu geben. Wie setzt Du dabei deine Atmung und deine Stimme ein? Wie bewegst Du Dich?
5.Die Übung beenden
Atme tief durch. Komm wieder im Raum an.
6.Integration
Spüre Deinen Gefühlen und Gedanken nach, die Dir während der Übung gekommen sind. Welche Facetten deiner Sexualität hättest Du Lust alleine oder mit deinem Partner zu erforschen?
7.Nächste Schritte
Mit wem möchtest Du über deine Entdeckungen in einem geschützten Rahmen sprechen?
Es gibt Zeiten, in denen die sexuelle Kraft ruht.
Es braucht ein gewisses Mass an Risikobereitschaft, an Hingabe, Umgang mit Gegensätzen und Herausforderungen um wieder Lebendigkeit - sei es in Form eines sanften Kribbelns oder wilder Leidenschaft - zu spüren. Dabei ist die verträgliche Dosis mit den Polaritäten an Sicherheit und Entspannung auf der einen Seite und erotischen Risiken auf der anderen Seite individuell und als Paar sehr unterschiedlich. Was einen Partner erregt, kann für den anderen Stress sein. Manchmal braucht es miteinander ein absichtsloses, kreativ sinnliches Spielen mit Wellen der sexuellen Erregung. Viele Paare sehnen sich nach einer verlässlichen Bindung und einem liebevollen Zugang miteinander, um sich sicher genug in einer sexuellen Begegnung fühlen zu können.
Gerne begleite ich Paare darin, spielerisch in der Präsenz mit allen Sinnen ihren erotischen Begegnungsraum liebevoll, neugierig und leicht zu gestalten.