Newsletter Januar 25
Ich wünsche Euch allen ein hoffnungsvolles, zuversichtliches, liebevolles 2025!
Selbstkompetenz und Beziehungskompetenz erwerben
Der Körper als Regulator
Erleben Menschen in ihrer Geschichte herausfordernde Situationen, speichert ihr Körper dieses Erleben ab. Auch entwickeln sie als Antwort Körper-, Fühl-, Denk-, und Beziehungsmuster. Diese sollen ihnen als vermeintliche Bewältigungsstrategien helfen, schwierige Situationen zu meistern.
Schwerwiegende, verletzende oder auch traumatische Situationen, können zum sich schützenden Ausblenden (Dissoziieren) führen. Im Körper können diese Erlebnisse Fixierungen (Verspannungs- oder Schmerzpunkte) zur Folge haben oder auch zu einem veränderten, limitierten Zugang zu den Sinnen führen (z.B. Beeinträchtigung des Seh-, Hör-, Gleichgewichts. Auch der Tastsinn als der blinde Sinn, mit dem wir Berührungen empfangen oder auch geben können, ist betroffen).
Negativkreisläufe in der Beziehungsgestaltung (oder Dilemma-Zirkel nach B. Schmid) erleben
In der Beziehungsgestaltung erleben Paare Verstrickungen in ihrem Beziehungsprozess immer wieder als unlösbar. Die Verzweiflung und der Schmerz über die Nicht-Erreichbarkeit des Partners münden in Rückzugs- oder Kampfdynamiken. Die Partner strampeln bis zur erschöpften Aufgabe. Das resignierte Vermeiden von emotionaler und körperlicher Nähe hat zur Folge, dass die emotionale Distanz und Entfremdung immer grösser werden. Das sich Aufreiben in Negativkreisläufen (oder auch Dilemma-Zirkeln) kann in Bitterkeit, psychosomatischen Körpersymptomen, Aussenbeziehungen münden. Die Wunden auf der emotionalen Haut können zu Beziehungsrissen oder zu Beziehungsabbrüchen führen.
Positivkreisläufe miteinander entdecken (oder Sinn-Zirkel erleben)
In der Paarberatung geht es darum Paare aus Negativkreisläufen (Dilemmata) herauszuhelfen, miteinander einen Weg in Positivkreisläufe (Sinn-Zirkel) zu entwickeln. Aus dem erschöpften Strampeln kann so ein kreatives, kraftvolles miteinander Ringen entstehen. Das sich gegenseitige Halten-Können im Alltag, verbunden mit dem nährenden Erfüllen mancher Bedürfnisse, ermöglicht Phasen von sich Erholen oder auch einem wohltuenden sich miteinander Entspannen.
Das heilsame Akzeptieren von Verzweiflung, dort wo Lösungen noch nicht möglich sind, kann innere Perspektiven- und Haltungswechsel ermöglichen. Beziehungsprozesse werden zunehmend als sinnhaft, erfüllend, lustvoll oder als ein kraftvolles Miteinander erlebt!
Methodisch können Wechsel von Negativkreisläufen in Positivkreisläufe über die Arbeit mit dem Körper, mit Gefühlen, mit Glaubenssätzen oder auch Beziehungsdynamiken geschehen.
Paarberatung mit Vera und Ludwig:
Vera lebt in einer langjährigen Paarbeziehung mit Ludwig. Die Komplexität des Alltages und die verschiedenen Rollen, in denen sie sowohl beruflich wie auch privat miteinander verbunden sind, verlangt beiden ein hohes, zielgerichtetes Funktionieren ab.
Vera spürt immer mehr, wie sie sich gegenüber Ludwig emotional und körperlich verschliesst. Schon wenn er sich ihr nähert, oder sie in den Arm nehmen möchte, verspannt sich ihr Körper und «macht zu». Ludwig ist verzweifelt. Die Frau, die er so sehr liebt und begehrt, gibt ihm einen Korb nach dem anderen. Am Anfang hat er seine Bedürfnisse noch angesprochen. Inzwischen schweigt er resigniert. Er akzeptiert schweren Herzens ihre Grenze. Die Distanz zwischen beiden wird immer grösser.
Als sie in die Paarberatung kommen, ist bei beiden die Angst vorhanden, den anderen zu verlieren. Einerseits erleben sie noch eine grosse Bindung und Liebe, andererseits spüren sie eine immer grössere Distanz.
Die Exploration ihres Beziehungsmusters und von Teilen ihrer Lebensgeschichte ermöglicht beiden neue Perspektiven. Sie lernen sich im geschützten Rahmen mitzuteilen.
Vera: «Ich habe Dich sehr lieb Ludwig. Doch je mehr du auf mich zu gehst, Kontakt mit mir suchst und mich berühren möchtest, umso mehr ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück. Es ist mir gerade alles zu viel. Ich fühle mich überflutet von deinen Gefühlen und dein Schmerz über meinen Rückzug tut mir weh.» Vera lernt ihr emotionales Erleben Ludwig angeleitet mitzuteilen und sich so emotional in kleinen Schritten zu öffnen.
Ludwig ist berührt.
Ludwig: «Danke, dass Du mir das sagst. Ich habe Dich auch sehr lieb, Vera. Und je mehr du Dich zurückziehst, umso mehr habe ich verzweifelt den Kontakt mit Dir gesucht. Es tut mir so weh, dass ich dich nicht erreichen kann. Ich habe immer wieder gedacht, dass Du mich nicht mehr liebhast. In dem, was Du sagst, spüre ich deine Liebe und ich sehe deine Tränen. Das berührt mich sehr.»
Durch das wahrhaftige, geschützte Aussprechen entsteht für einen Moment wieder eine emotionale Brücke zwischen den beiden. Sie erleben eine emotionale Offenheit und eine gegenseitige Erreichbarkeit. Aus dem Strampeln und der Verzweiflung des sich nicht Findens, ist ein Moment von aufrichtiger emotionaler Nähe entstanden. Aus dem miteinander in der Verzweiflung Gesehen-werden und dem Durchleben der Verzweiflung lassen beide los. Sie öffnen sich füreinander, und entspannen sich im sich gegenseitig Gehalten-Fühlen.
Sicherheit und Präsenz in der Berührung
In der Beratung lade ich Vera zu einer Übung mit mir ein. Ich frage sie, ob ich für einen kleinen Moment meinen Fuss auf ihren Fuss stellen darf. Sie schaut mich erstaunt an und willigt ein.
An ihrer Körperreaktion sehe ich, wie sie sich anspannt. Ich frage sie, ob mein Fuss noch bleiben darf, wie sich das anfühlt und was sie wahrnimmt.
Vera: «Es kostet mich Überwindung. Dein Fuss ist langsam und achtsam gekommen, die Intensität der Berührung ist genau richtig, ihn zu spüren fühlt sich angenehm an.»
Ich sehe, wie sich ihr Körper entspannt und ihre Atmung tiefer wird. Ich nehme den Fuss langsam wieder weg. Ich bitte sie ihren Fuss auf meinen zu legen und frage, was sie jetzt wahrnimmt.
Vera: «Wenn ich aktiv bin, ist dies leichter für mich.»
Ich: «Ist es für Dich leichter jetzt mit dem Fuss Berührung zu geben oder Berührung zu empfangen?»
Vera: «Jetzt gerade Berührung zu geben.»
Ich: «Und kannst Du wahrnehmen, wie Du auch, wenn Du Berührung gibst, gleichzeitig Berührung empfängst?»
Vera nickt.
Ich bitte sie den Fuss wieder zu sich zu nehmen. Sie ist erleichtert und stolz. Einerseits, dass sie sich auf die Übung selbstbestimmt einlassen konnte und dass das Erlebnis sich angenehm angefühlt hat. Andererseits auch, dass die Übung wieder vorbei ist. Ludwig, hat aufmerksam zugeschaut.
Eine langsame, achtsame Kontaktaufnahme mit Vera über die Berührung war möglich. Sie konnte sich selbst gut wahrnehmen und offen bleiben. Die zu schnelle, zielorientierte Berührung aktiviert Abwehr in ihr. («Vorsicht Gefahr») Mit der Zeit geschieht diese Reaktion automatisiert, verbunden mit einer zum Teil vorweggenommenen nicht situationsangemessenen Bedeutungsgebung. «Er berührt mich nur, weil er Sex will.» oder «Wenn ich Nähe zulasse, muss ich Sex geben». Die Verbindung aus einem wohlwollenden, entspannten Kontakt, in dem sie sich sicher fühlt und selbstbestimmt ja und nein sagt, ermöglicht ihr präsent mit ihren Sinnen im Kontakt zu bleiben.
Die Erfahrung, dass Kontakt über Berührung auf eine sichere Art und Weise möglich ist, ohne dass ein automatisches Sich-Verschliessen aktiviert wird, weckt Neugierde und macht den Dialog über den Körper mit dem Partner wieder möglich. Auf Körperebene entsteht ein dynamischer Prozess von Geben und Nehmen oder anders ausgedrückt von Empfangen und Empfangen-werden. Dieser Dialog ermöglicht eine aktive haptische Wahrnehmung im Sinne von, «ich erforsche etwas», indem ich die Haut des anderen berühre und eine taktile Wahrnehmung, im Sinne von «eine Hand kommt auf mich zu und ich nehme sie empfangend auf». Dieses selbstbestimmte Erleben ist die Voraussetzung für das Ausbalancieren von Nähe und Distanz in der körperlichen und emotionalen Beziehung. Die Partner spüren über diesen Felt Sense (Körperwahrnehmung), was angenehm oder unangenehm ist. Es wird ihnen bewusst, was er oder sie wie, wo und in welcher Geschwindigkeit als angenehm erlebt. Jeder kann lernen, seine Bedürfnisse und Grenzen klar zu zeigen, die des anderen anzunehmen und auszudrücken, wie es jedem gerade geht, ohne den Kontakt abzubrechen
Die Reise mit dem Paar hat in kleinen Schritten begonnen. In der achtsamen, wertschätzenden Spiegelung und Exploration im Beratungsprozess, wird die Vielschichtigkeit des Erlebens beider leicht und verstehbar.
Dieser achtsame Prozess hilft dabei neue Perspektiven zu erleben. Jeder lernt seinen Anteil auf den verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung, des Fühlens, der Bedeutungsgebung und im Beziehungsprozess, zu sich zu nehmen. Das Paar macht sich auf, erst im geschützten Rahmen in der Beratung und dann in gezielten Übungen im Alltag, miteinander kreativ zu forschen.
Gerne unterstütze ich Paare darin, Beziehung nach Beziehungsrissen wieder als Ort von erfüllender Begegnung, Verbundenheit und Genuss zu erleben.