Newsletter Januar 24
DAUERHAFT-LIEBEVOLL-VERBUNDEN
SICH ALS PAAR AUFEINANDER EINLASSEN
In der Phase der Verliebtheit reagieren wir mit einem liebevollen, aufmerksamen Blick auf den anderen. Je länger die Paarbeziehung dauert, werden die emotionalen Signale meist schwächer. Momente, in denen wir den Partner verzaubern, gehen verloren.
Gelingt es Paaren, sich Momente zu gönnen, in denen sie sich wieder ebenso feinfühlig wie in der Phase der Verliebtheit aufeinander einlassen?
Wie gelingt es, dieses Gefühl der emotionalen Nähe zu stärken?
Um als Paar ein Gefühl der gegenseitigen Sicherheit zu erleben, können Paare miteinander lernen, ihre negativen Beziehungsmuster (Angriff-Angriff, Angriff-Rückzug, Erstarrung-Flucht) unter Kontrolle zu bringen oder zu durchbrechen. Es ist wichtig, die tieferen Emotionen zu identifizieren und zu benennen, die hinter den Teufelskreisen in den Momenten der Unverbundenheit aktiviert werden. Der nächste Lernschritt ist die Entwicklung positiver Muster der Kontaktsuche und des Aufeinandereingehens.
Voraussetzung ist, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und sie unverstellt und authentisch sichtbar zu machen. Dafür braucht das Paar die Bereitschaft, sich verletzlich zu machen und anstatt sich innerhalb der alten Bewältigungsstrategien zu schützen, sich neu emotional aufeinander einzulassen.
Erlebt das Paar die Beziehung als einen sicheren Hafen, in dem sich jeder auf den anderen verlassen kann, fällt es leichter, das eigene emotionale Gleichgewicht zu wahren.
Kontrollierte und verborgene Emotionen führen meist dazu, dass den Bedürfnissen durch Forderungen und eine Anspruchshaltung Ausdruck verliehen wird.
Was ist meine schlimmste Befürchtung?
Was brauche ich am meisten von Dir?
Diese zwei grundlegenden Fragen steuern den Zugang zu den eigenen Bedürfnissen:
Die Beantwortung setzt voraus, sich in die Tiefe der Gefühle zu wagen. Es wird ein Weg beschritten, auf dem jeder offen sein kann für sich selbst, zugänglich bleibt für den Partner und bereit ist, sich emotional zu engagieren.
Klara und Tom, bekannt aus dem letzten Newsletter, gelingt es im Beratungsprozess immer besser, eine schwierige Situation des anderen auszuhalten. Wurde Klara ärgerlich über einen Misserfolg im Beruf, so überschüttete Tom sie mit guten Ratschlägen. Sie erlebte ihn dabei als emotional distanziert, fühlte sich allein gelassen und resignierte.
Tom sah es als seine Aufgabe an, ihr fürsorglich den Weg zu weisen und sie vor ihrem eigenen Ärger zu schützen. Gleichzeitig spielte er seine Verletzung, sie nicht zu erreichen und von ihr abgewiesen zu werden, herunter und konzentrierte sich lediglich auf die Probleme von Klara. So verlieren sie den emotionalen Kontakt zueinander.
Jetzt lernen beide, ihre wunden Punkte zur Sprache zu bringen und zu verstehen.
Nach und nach gelingt es Tom besser, über seine Reaktionen und sein Erleben zu sprechen, anstatt ihre Emotionen zu kritisieren.
Tom: «Ich kann mit deinem unbeherrschten Ärger nicht umgehen. Ich fühle mich überwältigt. Ich gebe dir Ratschläge und dränge dich, deinen Ärger unter Kontrolle zu halten.»
Klara: «Ich fühle mich klein und wie eine Versagerin. In meinem Erleben putzt du mich mit deinen Ratschlägen herunter. Dagegen wehre ich mich und fühle mich noch ärgerlicher.»
Tom lernt auszusprechen, dass ihm die emotionale Intensität von Klara Angst macht. Klara lernt zu verstehen, wie die emotionale Distanziertheit von Tom sie noch mehr in Rage bringt.
Was ist die schlimmste Befürchtung?
Tom: «Ich weiss wirklich nicht, wie ich damit umgehen soll, dass du mit mir nicht glücklich bist. Ich habe dauernd Angst vor deinen emotionalen Ausbrüchen. Ich bin völlig verunsichert. Das macht mich traurig. Manchmal habe ich Angst, dass wir nicht mehr zusammenkommen. Ich habe Angst Dich zu verlieren. Ich glaube ich muss deine Verletzlichkeit besser verstehen.»
Tom ist durch die emotionalen Ausbrüche von Klara verunsichert. Er traut sich im Beratungsprozess, seine Gefühle vor Klara zu zeigen. Das stärkt sein Selbstvertrauen.
Klara: «Für mich war der schwierigste Moment, als du mir am Telefon aufgelegt hast. Später hast du mir dann gesagt, du würdest mich verlassen. Wenn ich traurig bin und Angst habe, wendest Du Dich einfach ab. Du tröstest mich nicht und du schläfst nicht mehr mit mir. Du lässt mich einfach stehen. Ich bin nicht die Frau, die du Dir gewünscht hast.»
Klara fühlt sich zurückgestossen und verliert dadurch das emotionale Gleichgewicht. Sie ist depressiv verstimmt oder protestiert wütend.
Klara: «Ich habe mich noch nie so alleine gefühlt, wie wenn du über mich hinwegsiehst und deine Regeln zitierst. Du bist für mich nicht präsent. Das bereitet mir panische Angst.»
Klara hat im Beratungsprozess für ihren tiefen Schmerz Worte gefunden. Sie hat ihr Bindungsbedürfnis formuliert, welches sie erlebt, wenn ihr geliebter Mensch für sie nicht präsent ist.
Im Gegenzug hat Tom gelernt, anhand von Bildern und Formulierungen sich einen Zugang zu seinen Gefühlen zu schaffen.
Beide können jetzt gegenseitig würdigen, dass der andere sich geöffnet und verletzlich gezeigt hat. Sie suchen miteinander einen Weg, sich auf die Bedürfnisse des anderen einzulassen.
Vielen Paaren gelingt es, nach der Verliebtheit in eine reifere Phase der Paarbeziehung zu gelangen, indem sie sich folgende Bindungsbedürfnisse wechselseitig erfüllen:
- Du bist für mich die Nummer 1.
- Du begehrst mich.
- Du akzeptierst mich, auch wenn ich nicht perfekt bin.
- Du brauchst meine Nähe.
- Du hörst mir zu und akzeptierst mich.
- Du lässt mich nicht fallen.
- Du engst mich nicht ein.
- Du denkst nicht das Schlechteste von mir und gibst mir eine Chance, mit dir zusammen zu sein.
- Du kannst Dich darauf verlassen, dass ich dir zuhöre und für Dich da bin.
- Du kannst mich bitten Dich zu halten (in den Arm nehmen, anschauen). Ich verstehe, wie schwer dir das fällt.
Gerne unterstütze ich Paare darin, sich empathisch aufeinander zu beziehen, für und miteinander zu fühlen und zu lernen, diese Gefühle zu zeigen.