Newsletter Dezember 24
Ich wünsche Euch allen friedvolle und frohe Weihnachten und ein hoffnungsvolles, zuversichtliches, liebevolles 2025!
Intimität miteinander erforschen
Liebevoll-leidenschaftlich verbunden
Anstatt sich auf der Tanzfläche des Lebens ständig auf die Füsse zu treten und darüber zu streiten wer führen darf, sehnen sich viele Paare danach, ihren Beziehungstanz liebevoll, leidenschaftlich und verbunden miteinander zu gestalten. Sie sehnen sich nach Intimität UND sie fürchten sich vor Intimität als wirkliche, wahrhaftige Nähe mit sich selbst und mit anderen.
Im Liebestanz ist der Körper das Instrument auf dem gespielt wird. Er gibt den Rhythmus vor. Die Melodie entsteht aus den Emotionen. Sobald diese Emotionen wahrgenommen, verstanden und anerkannt werden, ändert sich der gemeinsame Lebenstanz.
Was ermöglicht den Partnern, sich mit offenen Sinnen und einem offenen Herzen zu begegnen?
Was brauchen wir, um mit allen Sinnen präsent zu sein und uns im Kontakt mit dem Menschen, den wir lieben, zu entspannen?
Wie gelingt es, in Liebe und Sexualität ein wohlwollendes Team zu sein und sich emotional zu unterstützen?
Intimität nach E. Berne als ein Aspekt von Autonomie
E. Berne beschreibt in der Transaktionsanalyse Intimität im Rahmen des Autonomiekonzeptes als einen wichtigen Entwicklungsprozess.
Er definiert Autonomie als die Freisetzung und Wiedergewinnung dreier Fähigkeiten: Bewusstheit, Spontanität und Intimität.
In verschiedenen Entwicklungsschritten entsteht so eine selbstbestimmte Verbundenheit mit sich selbst, anderen Menschen und der Welt.
Dabei meint Bewusstheit die Fähigkeit offen und neugierig mit allen Sinnen wahrzunehmen, z.B. auf eine unverwechselbare Art eine Kaffeekanne zu sehen oder die Vögel singen zu hören.
Spontanität meint die Freiheit, aus verfügbaren Möglichkeiten die eigene stimmige Vorgehensweise zu wählen und sich selber auszudrücken.
Zum Beispiel bezogen auf die Paarbeziehung: Traue ich mich, mit meinem Partner in einen Dialog zu gehen, ihm mitzuteilen was gerade in mir vorgeht? Oder dies jetzt nicht zu tun?
Anna zu Tom: « Ich fühle mich gerade einsam in unserer Beziehung. Ich wünsche mir so sehr, mehr Paar-Zeit mit Dir zu verbringen.»
Tom zu Anna: «Wie wir in der letzten Zeit oft miteinander sprechen, verletzt mich. Ich fühle mich von Dir angegriffen. Ich fühle mich wie ein Versager und ziehe mich zurück, wenn Du dann weinst oder laut wirst. Mir macht es Angst mehr Zeit mit Dir zu verbringen.»
Intimität beschreibt Berne als die Fähigkeit unvoreingenommen, authentisch und liebevoll im Hier und Jetzt zu sein und Beziehungen zu gestalten, unabhängig von einschränkenden Prägungen aus der Vergangenheit.
Damit verbunden sind nach Schlegel der Mut, die Verantwortung für seine Gefühle, Urteile und Entscheidungen zu übernehmen. Dabei geht es darum, die Realität so zu sehen, wie sie gerade ist, anstehenden Problemen nicht auszuweichen, sondern eigenständig/miteinander eine Lösung anzupacken.
Wollen wir uns als Paar die aktuellen Empfindungen, Befürchtungen und Hoffnungen mitteilen? Haben wir den Mut dazu?
Werden diese vom anderen wahrgenommen und angenommen?
Oder werden sie bewertet, abgewertet oder gar mit Ratschlägen versehen wegargumentiert/abgeschmettert?
Tom zu Anna: «Ich möchte gerne mit Dir schlafen.» Anna zu Tom: »Ich weiss nicht so recht. Ich fühle mich gerade unsicher. Letztes Mal hat es mir weh getan, Dich aufzunehmen. Lass uns doch mit einer sinnlichen Ganzkörpermassage beginnen und dann schauen ob ich mich öffnen kann und was heute für uns beide geht.»
Sich als Paar mit offenen Sinnen begegnen
Viele Paare wünschen sich mehr Intimität im Sinne von innigen und wahrhaftigen Begegnungen. Der Weg ist für jedes Paar ein anderer, je nachdem, wo das Paar gerade steht, wie die Partner ihre Bedürfnisse wahrnehmen und wie es ihnen gelingt, diese miteinander in Kontakt zu bringen.
In der Komplexität des Alltages leben viele Paare in einem bestimmten Rhythmus. Sie leisten und funktionieren möglichst rasch und effektiv, in der Arbeit, in der Familie und in vielen weiteren Bereichen. Die Geschwindigkeit ist hoch und zielgerichtet. Die Atmung ist flach, der Muskeltonus hoch. Der Körper reagiert mit Anspannung, oder falls die Anforderungen zu lange zu hoch sind und die eigenen Grenzen überschritten werden, mit Verspannungen oder anderen Körperreaktionen (der Magen zieht sich zusammen, der Kehlkopf wird eng, Kopfschmerzen, Herzstechen etc.).
Unser Blick ist auf das Ziel und auf den Weg dieses Ziel zu erreichen gerichtet. Dabei verlieren wir oft unser Erleben, unsere Empfindungen und damit uns selbst aus den Augen.
Manche Paare werden in der Begegnung miteinander unsichtbar mit dem, was sie wirklich bewegt und berührt. Das eigene Erleben tritt in den Hintergrund zugunsten der Bedürfnisse des Partners, der Familie, der Arbeit. Das eigene Erleben verliert an Bedeutung, verliert an Gewicht. Die Partner gehen über ihr Erleben hinweg und lassen auch den anderen darüber hinweg gehen.
Was bleibt sind unklare Grenzen und Verletzungen auf der emotionalen Haut. Glaubenssätze werden spürbar, wie «ich bin falsch», «meine Wünsche und Bedürfnisse sind falsch», «ich bin schuld, wenn es dem anderen nicht gut geht». Es fehlt die innere psychische Selbstermächtigung sich selber sein zu dürfen. Diese innere Selbstermächtigung ist eine Grundlage dafür, um früher im Kontakt mitgestalten zu können, und so im innen und aussen mit einem kraftvollen Ja oder Nein Klarheit zu schaffen.
Im Paar kann das Spiel mit der eigenen Kraft als lustvoll wahrgenommen werden. Dabei geht es nicht darum zu gewinnen oder zu verlieren, sondern darum, mit Schwung die eigenen Bedürfnisse, Sehnsüchte und Grenzen wahrzunehmen und sichtbar zu machen. Dies kann mit Worten oder/und mit dem Körper geschehen, mit Händen, Blicken, Bewegungen, Berührungen.
Die Polarität unterschiedlicher Bedürfnisse erforschen
Im Beziehungsprozess als Paar hat das Erleben und das Verhalten des einen Partners einen Einfluss auf den anderen. Diese Bedürfnisse im Dialog mit sich selbst und im Dialog mit dem anderen achtsam und kraftvoll zu erforschen, aktiviert Lebendigkeit und Kreativität in der Begegnung.
Hierzu Beispiele, wie das Einpendeln über das Spüren und Fühlen der eigenen Befindlichkeit und die Regulation des dahinterliegenden Bedürfnisses zu einer wahrhaftigen Begegnung führt.
Erleben: sich schuldig fühlen – Verhalten: sich zeigen
Tom zu Anna: «Gestern Abend habe ich gespürt, dass es Dir nicht gut gegangen ist. Dass ich mit meinem Freund eine Woche ohne Dich Wandern gehen möchte hat Dich verletzt. Ich habe mich schlecht gefühlt, so als ob ich schuld daran bin, dass es Dir nicht gut damit geht.»
Erleben: sich überfordert fühlen – Verhalten: auf Abstand gehen
Anna zu Tom: «Ja das stimmt. Ich war ärgerlich auf Dich. Anstatt Dich wissen zu lassen, dass ich das absolut daneben finde, habe ich mich zurück gezogen. Ich habe Zeit gebraucht, um mit mir zu sein und das erst einmal zu verdauen. Nach einem Spaziergang hat mir dann die Badewanne gut getan. Ich habe Abstand gebraucht und wollte gerade nicht mit Dir sein.»
Erleben: sich angetrieben fühlen - Verhalten: loslassen
Tom zu Anna: «Ich habe mir erst überlegt, ob ich Dir hinterher gehen und nochmals alles erklären soll. Ich habe deine Enttäuschung fast nicht ausgehalten. Ich war innerlich angetrieben und wollte deine Verletztheit wieder gut machen. Es hat mir leid getan, wie sehr Dich meine Entscheidung getroffen hat. Und ich habe gespürt, dass Du Zeit für Dich gebraucht hast. So habe ich meinen Wunsch Dir gestern nahe zu sein los gelassen, und bin früh ins Bett gegangen. Ich freue mich, dass wir jetzt noch einmal darüber miteinander sprechen können.»
Erleben: empfindlich sein- Verhalten: vertrauen
Anna zu Tom: «Ja es ist mir sehr schwer gefallen deine Entscheidung anzunehmen. Ich habe zuerst gedacht, dass ich es Dir nicht wert bin, dass Du die Woche mit mir verbringst, in der wenigen Freizeit, die uns zur Verfügung steht. Mir ist klar geworden, dass Dir diese Wandertour mit deinem Freund so wichtig ist. Nachdem ich mit meiner Enttäuschung sein konnte, habe ich gespürt, dass ich Dir vertraue und dass deine Entscheidung nicht gegen mich gerichtet ist.»
Beispiele für weitere Polaritäten (nach M.Riek), die mit sich selbst, wie auch im Paar ausbalanciert werden wollen. Sie können als möglicher Schlüssel helfen zu verstehen, wie eine Situation erlebt wird und welches Verhalten in der Folge das Erleben von Intimität ermöglicht:
Erleben – Verhalten:
Sich bedrängt fühlen - auf Abstand gehen
Überfordert sein - sich entspannen
Ängstlich sein - achtsam
Bedürftig sein - empfangen
Isoliert sein - Kontakt aufnehmen
Gelangweilt sein - etwas riskieren
Kontrolliert sein - miteinander spielen
Mächtig sein - Hingabe
Sich überlegen fühlen - verletzlich sein
Intimität braucht Kontakt in einer stimmigen Dosierung für beide, damit im Paar jeder das halten kann, was er erlebt und das Paar sich gegenseitig Stütze und Halt sein kann. Durch die erlebte Sicherheit und Verlässlichkeit im Beziehungsprozess kann Stress besser verarbeitet werden. Das eigene Selbstwertgefühl wird gestärkt, ein liebevoller, verantwortlicher und empathischer Umgang miteinander kann sich entwickeln/intensivieren.
Intimität bedeutet mit allen Sinnen präsent sein.
Im Alltag heisst das, langsamer zu werden. Das heisst sich wahrnehmen zu lassen, was gerade spürbar und fühlbar ist und dies im gemeinsamen kreativen Erforschen miteinander in Kontakt zu bringen.
Gerne unterstütze ich Paare darin, sich selbst berührbar zu machen und den anderen zu berühren, mit dem Herzen und mit dem Körper und so miteinander ihre Intimität liebevoll, leidenschaftlich und verbunden zu erforschen.