Newsletter September 23
Der Ausstieg aus dem Teufelskreis - Das Erkennen und Zulassen von Bindungswünschen als Fundament einer gelingenden Kommunikation
In der Arbeit mit Paaren erlebe ich oft folgende Situationen:
Ein Partner ist zutiefst verletzt.
Die Atmosphäre im Raum ist angespannt. Der verletzte Partner startet damit, Giftpfeile zu schiessen und sich in kritischer, ärgerlicher Weise dem anderen mitzuteilen. «Deine Arbeit und alle anderen sind wichtiger als ich!»
Die Atmosphäre im Raum ist zum Schneiden angespannt. Getroffen! Und schon beginnt der Teufelskreis. In Sekundenschnelle kommt die Antwort. “Egal was ich mache, immer hast du etwas zu meckern! Das ist nicht mehr zum Aushalten!» So drehen sich die Vorwürfe im Kreis.
Ich interveniere und lade das Paar dazu ein, sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden und so den aktuellen Teufelskreis zu erkennen. «Ich möchte gerne verstehen, was das in jedem von euch berührt, wenn ihr so miteinander umgeht?» Das Tempo des Schlagabtausches wird langsamer. Sie äussert unter Tränen: «Es trifft mich mit dem Messer ins Herz!» Er sagt aus einer Mischung von Ärger und Trauer: «Ich komme mir so hilflos vor. Es kommt immer und immer wieder und ich weiss wirklich nicht mehr, was ich tun soll.»
Anstatt weiterhin aufeinander loszugehen, kommt jeder Partner langsam bei sich selbst an. Der Schmerz hinter dem Kampf bricht auf, bekommt seinen Raum, wird gesehen, wird im Beisein des anderen gewürdigt und wie neu verstanden. Ich spiegele die dahinter liegenden Bindungsbedürfnisse: «Die Intensität deiner Liebe zu deinem Partner lässt dich verzweifelt darum kämpfen, von ihm gesehen zu werden und seine Nähe zu spüren.»
«Andererseits schiesst du Giftpfeile ab, um dich zu schützen, da du Angst hast, von ihr wieder kritisiert und verletzt zu werden. Dahinter ist eine tiefe Einsamkeit und die Sehnsucht nach ihrer Nähe spürbar.»
Beide Partner schauen sich berührt an. Eine wohlwollende Atmosphäre breitet sich im Raum aus. Anstatt auf stur zu schalten und die Schotten dicht zu machen, schauen sich die beiden wehmütig an.
Schritt für Schritt verstehen sie über ihr Erleben, wie sie die eigene Verletzung gegen den anderen gerichtet haben und wie weh es jedem tut, sich in diesem Kampf gegenseitig zu verschliessen und noch mehr zu distanzieren.
Dieser gefühlte Moment von Innehalten, die eigene Sehnsucht und das eigene Bedürfnis zu spüren und der Perspektivenwechsel, sich gegenseitig in der Not zu sehen, lässt beide weicher werden. Die Trauer über den Verlust der emotionalen Nähe und das Verstehen, was jeder dazu beiträgt, dass dies geschieht, lässt jeden mehr bei sich selber ankommen. Der erlebte Verlust wird anerkannt und aus der Logik des eigenen Systems verstanden. Es wird beiden bewusst, wie jeder die verschluckten, angestauten Gefühle entlädt und den anderen als Auslöser des unerfüllten Bedürfnisses dafür verantwortlich macht. Jetzt entsteht im Raum eine Atmosphäre der Ruhe und Entspannung.
Das Paar öffnet sich Schritt für Schritt und beginnt aus dem Kreislauf der gegenseitigen Konfrontation in den Kreislauf neuer Beziehungspositionen einzutreten. Bisher verleugnete Bindungsängste und Bedürfnisse und damit verbundene negative Projektionen auf den anderen werden bewusst.
Eine neue Motivation für ein gegenseitiges emotionales Engagement entsteht.
Leitende Fragen für ein wohlwollendes Miteinander können sein:
Gelingt es in der aktuellen Paarbeziehung, eine von Echtheit, Wärme und Wertschätzung geprägte Beziehung zu etablieren?
Gelingt es in den Beziehungsmustern gegenseitig Positionen zu beziehen, welche die Emotionen und die unterschiedlichen Positionen anerkennen, ohne den jeweils anderen Partner abzuwerten?
Spüre ich als Partner im Interaktionsmuster, wann ich abwehrend reagiere, mich verschliesse, mich in langen Erzählungen verliere und wir dann in Eskalationen abdriften?
Gerne unterstütze ich Paare dabei, neue Lösungen für alte Beziehungsprobleme zu entwickeln, die es beiden ermöglichen, ein wohlwollendes, verlässliches, liebevolles Beziehungsteam zu werden.